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US-Truppen in Nordsyrien erhalten Befehl zum Abzug

14.10.2019 - 22:24
Eine weitere Zuspitzung der Lage in dem Grenzgebiet droht© APA (AFP)Eine weitere Zuspitzung der Lage in dem Grenzgebiet droht

Syrien stationiert in Grenzstädten Truppen, die sich der "türkischen Aggression" entgegenstellen sollen. Soldaten seien in Tel Tamer, Tabq, Ain Issa und weiteren Orten eingerückt, berichteten syrische Staatsmedien am Montag. Alle in Nordsyrien stationierten US-Truppen erhielten indes den Befehl, wegen der türkischen Militäroffensive gegen die Kurden das Land zu verlassen.

Nach dem türkischen Einmarsch in Syrien kündigte US-Präsident Donald Trump erneute Sanktionen gegen die Türkei an. In einer Mitteilung Trumps hieß es am Montag, unter anderem würden wegen der "destabilisierenden Handlungen der Türkei in Nordost-Syrien" Strafzölle auf Stahlimporte aus der Türkei wieder auf 50 Prozent angehoben.

Zudem würden rund 1.000 US-Soldaten Syrien verlassen, lediglich ein kleines Kontingent von 150 US-Soldaten bleibe auf dem südsyrischen Stützpunkt Al-Tanf stationiert, sagte ein US-Vertreter am Montag der Nachrichtenagentur AFP. US-Präsident Donald Trump hatte den Abzug am Vortag angeordnet. "Wir setzen den Befehl um", sagte der US-Vertreter.

Die Türkei hatte am Mittwoch nach einem teilweisen Rückzug von US-Soldaten aus dem syrischen Grenzgebiet ihre lange angedrohte Militäroffensive gegen die Kurdenmiliz YPG begonnen. Mehr als 160.000 Zivilisten wurden bisher in die Flucht getrieben.

Seit Mittwoch nimmt das türkische Militär den Nordosten Syriens unter Beschuss, worauf die SDF Präsident Bashar al-Assad um Hilfe baten. Für Assad und seine Verbündeten Russland und Iran ist die Entwicklung ein Erfolg. Vor allem in der EU aber wird befürchtet, dass sich der Krieg ausweitet, sollte es zu einer direkten Konfrontation zwischen Syrien und dem NATO-Mitglied Türkei kommen.

Die syrischen Regierungstruppen drangen am Montag in die strategisch wichtige Stadt Manbij vor. Das meldete die staatliche syrische Nachrichtenagentur Sana. Ein Behördenvertreter der Stadt, die von einem mit der Kurdenverwaltung verbundenen Militärrat kontrolliert wird, bestätigte die Angaben. Die syrischen Truppen seien zudem "an der Frontlinie eingetroffen".

Die Soldaten seien unter anderem in Tel Tamer eingerückt, berichteten Staatsmedien. Assads Truppen wurden bei ihrer Ankunft in Tel Tamer von jubelnden Einwohnern begrüßt. Das Staatsfernsehen zeigte eine Menge, die syrische Flaggen schwenkte und Porträts von Assad hochhielt. Die Stadt liegt an der strategisch wichtigen Autobahn M4, die von Osten nach Westen führt. Die syrische Armee teilte mit, sie habe die Straße am Sonntag unter ihre Kontrolle gebracht. Tel Tamer ist nur 35 Kilometer von Ras al-Ain entfernt, das eines der zentralen Ziele der türkischen Armee ist.

Die syrischen Regierungssoldaten würden in die Grenzstädte von Manbij bis Derik einziehen, was dem Schutz der Grenze diene, sagte der führende Kurden-Vertreter Badran Jia Kurd zu Reuters. "Das ist eine vorläufige militärische Übereinkunft. Die politischen Aspekte wurden nicht besprochen, diese werden später diskutiert werden." Nachdem die USA der Türkei grünes Licht für ihren Angriff gegeben hätten, sei man gezwungen gewesen, nach einer anderen Option zu suchen, sagte Kurd. Daher habe man das Gespräch mit der syrischen Regierung und Russland gesucht.

Trump unterstellt den in Nordsyrien kämpfenden Kurden, sie wollten mit der Freilassung von IS-Terroristen die USA in den Konflikt mit der Türkei hineinziehen. Die "Kurden könnten einige freilassen, um uns zu verwickeln", twitterte Trump am Montag. IS-Kämpfer könnten aber "leicht" von der Türkei oder den europäischen Staaten, aus denen sie kämen, eingefangen werden - aber sie sollten sich beeilen, schrieb der US-Präsident.

Auch international steht das NATO-Mitglied Türkei wegen der Militäroffensive in der Kritik. Nach UN-Angaben sind bereits rund 100.000 Menschen auf der Flucht. Nach Zählung der oppositionsnahen Syrischen "Beobachtungsstelle für Menschenrechte" wurden auf syrischer Seite 121 YPG-Kämpfer und 60 Zivilisten getötet, während vier türkische Soldaten und 86 verbündete Milizionäre starben. Auch 18 Zivilisten wurden auf türkischer Seite getötet.

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte, die Türkei riskiere eine weitere Eskalation in der Region. Stoltenberg warnte davor, den Bündnispartner Türkei wegen der Militäroffensive vollständig zu isolieren. Die EU-Außenminister verurteilten die türkische Militäroffensive am Montag in Luxemburg und riefen erneut zur Beendigung der "einseitigen Militäraktion" sowie zum Rückzug der türkischen Streitkräfte auf.

Humanitäre Helfer des Welternährungsprogramms (WFP) versorgen unterdessen mehr als 70.000 Menschen in Nordsyrien mit Lebensmitteln. Die Familien würden Fertignahrung oder Lebensmittel-Pakete erhalten, teilte das WFP mit. Schätzungsweise seien rund 130.000 Menschen vor den Kämpfen in der Nähe der türkischen Grenze geflüchtet, von denen viele in den Städten Al-Hassaka und Al-Raqqa Unterschlupf suchten.

Trotz internationaler Kritik hielt der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan an der Offensive gegen die Kurdenmilizen fest. "Unser Kampf wird weitergehen, bis der endgültige Sieg errungen ist", sagte Erdogan am Montag. "Wir werden die Arbeit, die wir begonnen haben, auf jeden Fall zu Ende bringen." Die Türkei werde "Drohungen keine Beachtung schenken".

Erdogan wies Kritik der EU und der Arabischen Liga an seinem Vorgehen zurück und forderte zugleich internationale Gelder für seine Pläne zur Errichtung einer sogenannten Sicherheitszone im benachbarten Norden Syriens.

(APA/ag./dpa)

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