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Begegnungen 2012: relevant blickt zurück

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relevant Redaktion

Begegnungen 2012: relevant blickt zurück

27.12.2012
relevant lud zum Gespräch und sie kamen. - Auszüge und Zitate aus den Interviews dieses Jahres.

 

Gabriela Moser, Grüne-Politikerin

 "Wenn wir den U-Ausschuss jetzt nicht machen, dann nehmen wir unsere Chance nicht wahr. Ob sie aufgeht, ob jetzt wirklich ein Anti-Korruptions-Paket im Parlament systematisch umgesetzt wird, das bleibt dahingestellt. Dafür sind Mehrheiten notwendig. Und ich finde, dass die Chance auf Mehrheiten vor einer Nationalratswahl im Hinblick auf etwas, was die Menschen in Österreich wollen, größer als nach einer Wahl ist. Insofern ist der Zeitpunkt des Ausschusses mit Blick auf bessere gesetzliche Rahmenbedingungen günstig. Die Gefahr ist dabei freilich, dass die Untersuchung abgedreht wird, sobald sie unliebsam wird."

(relevant-Interview, Februar 2012)

 

Helmut Schüller, Priester

 "Ich meine, dass es zu den ganz grundlegenden Rechten jedes Menschen gehört, sich für Partnerschaft und Familie zu entscheiden - Stichwort: Menschenrechtserklärung der UNO von 1948. Das muss auch für Priester gelten. Außerdem sehe ich in einem Miteinander verheirateter und eheloser Priester einen Gewinn für den Beruf."

 (relevant-Interview, März 2012)

 

Moritz Bleibtreu, Schauspieler

 "Ich war noch nie in meinem Leben wählen. Früher war ich zu faul dafür, heute glaube ich nicht mehr an die parlamentarische Demokratie. Für mich ist es ein größeres Statement, NICHT wählen zu gehen. Weil ich einfach an das politische System nicht glauben kann. Was hat sich in den vergangenen Jahren geändert? Gar nichts! Traurig? Vielleicht. Aber es ist die Wahrheit."

(relevant-Interview, März 2012)

 

Sönke Iwersen, Journalist

"In den USA, die Vorreiter dieser Entwicklung sind, verdiente ein Vorstandschef vor 30 Jahren rund 40 Mal so viel wie ein durchschnittlicher Mitarbeiter. Auch damals musste kein Vorstandschef Not leiden. Trotzdem hat sich dieses Verhältnis radikal geändert - zugunsten der Vorstände. Sie verdienen nun mehr als 300 Mal so viel wie ihre Mitarbeiter. Bei den Banken ist es noch absurder. Auf dem Höhepunkt der Finanzkrise zahlten sie ihren Spitzenmanagern mehr als 1,5 Milliarden Dollar an Boni aus. Ich kann jeden verstehen, der sich über solche Zahlen aufregt."

(relevant-Interview, März 2012)

 

Helmut Schleich, Kabarettist

"Das Kabarett lebt in Bayern und auch Österreich von einer gemeinsamen Tradition des satirischen Volkstheaters. Das Publikum versteht sofort, wenn ihm Figuren etwas vorspielen - im wahrsten Sinne des Wortes. Das hat auch mit katholisch-barocker Lebensfreude zu tun. Der Katholik kann sündigen und anschließend beichten, der Protestant ist gezwungen, sein Leben lang mit einem schlechten Gewissen herumzulaufen. Das ist einfach nicht so lustig."

(relevant-Interview, Apri 2012)

 

Julius Deutschbauer, Leiter der Bibliothek der ungelesenen Bücher

"Bei 'Mein Kampf' handelt es sich - vermute ich zumindest – für die meisten um ein Hassbuch oder bei einer gewissen Generation um ein Buch, das die Eltern noch in ihrer Bibliothek hatten. Oft ohne Einband, um es nach dem Krieg nicht so leicht in die Hände des 'Feindes' fallen zu lassen, wie es heißt.

Der Einband wurde also abgerissen, verbrannt und der Kern des Buches versteckt aufbewahrt. Nachdem die Alliierten abgezogen waren, wanderte das Buch wieder in die Handbibliothek zurück. So gibt es in dieser Generation einige, die im Antlitz dieses Buches aufgewachsen sind. Deshalb wird es wohl auch so häufig genannt. Weil es doch beschäftigt, nie gelesen, aber immer vorhanden war. Ich nenne das eine Beschäftigung mit 'Mein Kampf' auf zweiter Stufe."

(relevant-Interview, April 2012)

 

Hans Rauscher, Journalist

"Es ist ein Faktum, dass arabische Länder ein geringes Entwicklungspotenzial haben. Ungeachtet, ob es jetzt an der Religion oder doch eher der Tradition liegt: Die mangelnde Entwicklung sorgt dafür, dass die Männer keine Jobs finden, die Tradition dafür, dass sie keine Frau vor der Ehe haben dürfen, und das fehlende Geld, dass sie nicht heiraten können.

 Eine Studie über die Motive von Selbstmordattentätern zeigt: Selbstmordattentat ist eine 'Karriere' für jene Männer, denen Beruf und sexuelle Beziehungen zu Frauen verwehrt bleiben. Sie jedoch sind überproportional in muslimischen Gesellschaften vertreten – in Rotterdam, Paris aber auch Wien. Wir haben es nicht verstanden, ihnen eine Chance zu geben - ein soziales Pulverfass. Und ein Beleg dafür, dass hier zwei Lebenskonzepte aufeinandertreffen, die miteinander nicht vereinbar sind: das westlich-europäische, das kaum noch von Religion bestimmt wird, und das migrantisch-muslimische, das noch stark von alten Werten geprägt ist. Mit Religion hat das aber alles erst in zweiter Instanz zu tun. Vielmehr mit patriarchalischen Gesellschaftsstrukturen, die wir hier nicht dulden können. Ich halte es daher für eine Katastrophe, wenn wir die Scharia im privaten Bereich gelten lassen."

(relevant-Interview, April 2012)

 

Peter Filzmaier, Politolge

"Ja, ich glaube, dass die Eurokrise eine Kommunikationschance für die EU ist. Endlich sind alle politischen Akteure gezwungen, paneuropäisch zu kommunizieren anstatt bloß Nationalismen oder Regionalstolz zu pflegen. Auch versuchen endlich nicht nur ein paar wenige EU-Parlamentarier als Einzelkämpfer auf verlorenem Posten die Union und ihre Wirkungsweise zu erklären, sondern sind Regierungspolitiker da vom Saulus zum Paulus geworden. Bundeskanzler Werner Faymann ist das beste Beispiel dafür.

 Das bringt jedoch natürlich nur etwas, wenn der EU inhaltlich eine Lösung der aktuellen Schulden- und Währungskrise gelingt. Und ob man das schafft, kann ich leider nicht beurteilen. Nur wenn ja, würde die EU sehr gestärkt aus der Krise hervorgehen."

(relevant-Interview, Juni 2012)

 

Jenny Jürgens, Schauspielerin

"Unser Projekt 'Herzwerk' steht inzwischen auf sehr stabilen Beinen. Wir unterstützen Senioren, die unterhalb der Armutsgrenze leben. Voraussetzung für diese Hilfe ist es, über 70 Jahre zu sein, die Grundsicherung zu beziehen oder eine Pflegestufe zu haben. Dann wird ein Antrag gestellt, dieser wird geprüft, und dann leisten wir relativ schnell und unbürokratisch Hilfe.

 Berührend ist dabei, dass die Bedürftigkeit oft in den ganz kleinen Dingen liegt. Dinge die für uns absolut selbstverständlich sind - eine neue Brille, Dinge für den Haushalt, ein Zahnarzt- oder Friseurbesuch. Die Liste ist unendlich ... und umfasst eben alles, was man sich mit 320 Euro Grundsicherung nicht erlauben kann.

 Sicher ist: Die Problematik der Altersarmut wird sich verschärfen, nicht verbessern. Deshalb ist das Projekt so wichtig."

(relevant-Interview, Juni 2012)

 

Herwig Rüdisser, Sänger der Band OPUS

"Wenn man Opus schon als 'One-Hit-Wonder' bezeichnet, was sind dann die diversen Sänger und Sängerinnen aus all den Castingshows?!"

(relevant-Interview, August 2012)

 

Hannelore Veit, ORF-Journalistin

"Ich würde in Österreich nicht studieren wollen. Die Massenabfertigung, wie sie in manchen Studienzweigen herrscht, finde ich schrecklich. Und die Demotivation à la 'Du bekommst eh keinen Job!', die von vielen Professoren ausgeht, ist furchtbar. Wie kann man jungen Leuten so derart die Hoffnung nehmen?"

(relevant-Interview, September 2012)

 

Nadja Maleh, Kabarettistin

"Wir sind es gewohnt, dass in allen Lebenslagen die Männer top sind. Dass uns Männer die Welt erklären. Was haben wir uns mit Sprüchen wie 'Hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine starke Frau' bloß angetan? Wer steht denn hinter der starken Frau? Der Geschirrspüler?!"

(relevant-Interview, August 2012)

 

Alf Poier, Kabarettist

"Ich bekomme auch immer wieder Drohungen, werde als verrückt und durchgedreht bezeichnet. Aber genau jene, die mich für das, was ich mache, verurteile, haben mich erst so weit gebracht: die Lehrer, die Pfarrer, die Kirche. Sie sind ja selbst schuld, dass sie solch einen Deppen wie mich haben. Sie hätten früher einfach nichts falsch machen dürfen!"

(relevant-Interview, Oktober 2012)

 

Iris Bohnet, Ökonomin

"Bezüglich der Gleichstellung von Männern und Frauen muss sich noch viel tun, überall auf der Welt. 120 Millionen Frauen und Mädchen 'fehlen' in Asien, weil sie abgetrieben oder in den ersten fünf Lebensjahren vernachlässigt werden. Die Eltern sehen den 'Return on Investment' (wirtschaftlichen Nutzen, Anm.) für Töchter nicht.

 Das ändert sich gerade in Indien. Eine tolle Studie eines Kollegen von mir, Rob Jensen, zeigt, dass Eltern ihre weiblichen Babys seltener umbringen und ihre kleinen Töchter besser behandeln (bei Gleichbehandlung der Söhne), wenn Frauen mehr wirtschaftliche Chancen haben. Das ist doch gewaltig. Das motiviert mich unheimlich, den 'Gender Gap' (Unterschiede zwischen Geschlechtern zum Nachteil von Frauen, Anm.) in Wirtschaft und Politik zu schließen."

(relevant-Interview, Dezember 2012)

 

Danielle Spera, Direktorin des Jüdischen Museums

"Ich muss sagen, dass meine Eltern beide nicht religiös sind. Dass die Religion abgelehnt worden ist, wird man in vielen Familien finden, die nachträglich die Frage stellten: 'Wo war Gott in Auschwitz?' Wobei für mich die entscheidende Frage ist: 'Wo waren die Menschen? Warum haben nicht mehr geholfen?'"

(relevant-Interview, Dezember 2012)

 

Ute Rossbacher

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