Quelle: ZAMG

Interviews

Weitere Meinungsthemen

KPÖ auf Platz 2 in Graz: Signal der Wähler

Elke Kahr/KPÖ Graz

relevant Redaktion

KPÖ auf Platz 2 in Graz: ein Signal der Wähler

26.11.2012
Die Grazer Gemeinderatswahl bestätigt: Der Aufwind, den kleine oder Randparteien derzeit verzeichnen, bringt die Großparteien zusehends unter Druck.

Der Schock stand dem Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl am (gestrigen) Wahlsonntag deutlich ins Gesicht geschrieben, denn sein Ziel - "50 Prozent plus eine Stimme" - hatte seine Partei, die ÖVP, klar verfehlt. Stattdessen büßte sie beinahe fünf Prozentpunkte ein und rutschte auf rund 33,5 Prozentpunkte ab. 

Eine Koalition mit den Grünen wie zuletzt bzw. der SPÖ geht sich rechnerisch nicht aus. Die großen Sieger sind dagegen die Kommunisten (KPÖ), die gegenüber der letzten Wahl im Jänner 2008 um 8,9 auf 20 Prozentpunkte zulegen konnten und damit nun zweitstärkste Fraktion im Grazer Gemeinderat sind.

Dass deren Spitzenkandidatin Elke Kahr den Anspruch auf den Bürgermeistersessel stellen wird, ist ebenso wenig anzunehmen wie dass es zu einer Koalition zwischen der ÖVP und den "Piraten für Ernsthafte", wie Oliver Pink von Die Presse die Kommunisten launig nennt, kommt. Die vom Autor angesprochenen Namensgeber schafften übrigens den Einzug in den Gemeinderat mit knapp 2,7 Prozentpunkten.

 

"Graz als Kleinversuch"

Nicht ohne Befriedigung registriert Heinz Niederleitner von den Oberösterreichischen Nachrichten den Stimmungsumschwung in der Bevölkerung: "Bei Älteren weckt dieses exotische Wahlergebnis vielleicht sogar Ängste. Aber Angst müssen nur die anderen Parteien haben."

Und das lange nicht nur in Graz, gibt sich Daniela Kittner vom Kurier überzeugt: "Ein solches Ergebnis ist laut Meinungsforschern auch bei der Nationalratswahl im September 2013 im Bereich der Möglichkeit. Regieren zu dritt – dafür kann Graz gleich einmal als Kleinversuch dienen."

Gestärkt sieht Walter Müller von Der Standard vor diesem Hintergrund die politischen Alternativbewegungen auch noch aus anderen Gründen: "In einer Atmosphäre der Unzufriedenheit, der Verdrossenheit aufgrund politischer Skandale und Korruptionen können natürlich Persönlichkeiten wie Kahr, aber auch Frank Stronach, die so weit weg sind vom politischen Mainstream, reüssieren."

Dass die bestehenden politischen Alternativen die Wählerbedürfnisse offenbar nur noch bedingt zu erfüllen vermögen, gibt dabei vor allem Günter Encic vom ORF zu denken: "Die Grünen haben unüblich viele Wähler an das Nichtwähler-Lager verloren." Die bereits zitierte Daniela Kittner (Kurier) wundert das wenig: "Sie sind keine Alternative für Regierungsprotest."

 

Linksruck in Graz?

Warum dann ausgerechnet die KPÖ? Wie bereits 2005, als Ernst Kaltenegger der Wiedereinzug der KPÖ in den Grazer Gemeinderat gelungen war, punkteten die Kommunisten auch diesmal mit einem konkreten Angebot an den Wähler (Stichwort: Wohnen). Dabei verstanden und verstehen es die die KPÖ-Mandatare einschließlich ihrer Vorsitzenden Elke Kahr durch persönliche Akzente zu überzeugen, indem sie auf einen Teil ihres Gehalts verzichten, der sozialen Zwecken zugute kommt.

Wer nun einen Linksruck in der steirischen Landeshauptstadt unterstellt oder gar fürchtet, wird von Politologe Peter Filzmaier im Gespräch mit relevant berichtigt: "Wer aus Protest oder Enttäuschung eine Partei wählen will, tut das selten aus ideologischen Gründen. Deshalb haben diese Stimmen auch kein rechtes oder linkes Etikett und schaden nicht nur einer Partei."

 

Wie reagieren die Parteien?

Vielmehr senden die Wähler mit diesem Ergebnis ein klares und gleichzeitig enttäuschtes Signal an die Großparteien, aber auch die Opposition (Grüne). Und das wohl nicht nur auf Gemeinde-Ebene. Spannend wird daher noch zu sehen sein, welche Schlüsse die genannten Parteien aus dem Ergebnis ziehen. Lang ist nicht mehr Zeit dafür.

Ute Rossbacher

Home
Politik
Chronik
Wirtschaft
Sport
Kultur
Society
Life
Reise
Motor
Hightech