Quelle: ZAMG

Interviews

Weitere Meinungsthemen

Fall Petraeus: Affäre beendet seine Karriere

Rex Features/picturedesk.com

relevant Redaktion

Fall Petraeus: Affäre beendet seine Karriere

14.11.2012
Der Rücktritt zweier Top-Leute gerät in den USA zu einer Debatte über die Frage, inwieweit moralische Fehltritte Frauen und Männern jeweils schaden.

Außereheliche Affären können, heißt es, vom amerikanischen Militär als kriminelle Handlungen eingestuft werden. Dass Oberbefehlshaber John Allen und der Vier-Sterne-General und CIA-Chef David Petraeus kriminell gehandelt haben, darf bezweifelt werden. Die pikanten Details über ihr Privatleben, die in den vergangenen Tagen in der amerikanischen Presse genüsslich ausgebreitet wurden, interessieren aber offenbar ohnehin mehr.

 

"Unangebrachte Mails", eine Affäre, zwei Rücktritte

Den Anfang machte David Petraeus, der am vergangenen Freitag (9.11.) wegen einer außerehelichen Affäre mit seiner Biografin Paula Broadwell den Hut genommen hat. Nicht einer gewissen Ironie entbehrt, wie die heimliche Beziehung aufgeflogen ist: Jill Kelley, eine enge Freundin der Familie Petraeus, rief das FBI im Mai um Hilfe an, nachdem sie Droh-Mails mit anonymem Absender erhalten hatte. Der Verdacht liegt nahe, dass diese von Paula Broadwell stammen, die in Kelley eine Nebenbuhlerin gewittert haben soll.

John Allens Rücktritt folgte diese Woche. Dass er eine Affäre mit Kelley hatte, wird nicht unterstellt; jedoch, dass er der gesellschaftlich angesehenen Amerikanerin "unangebrachte Mails" geschickt haben soll, deren noch nicht enthüllter Inhalt bereits die Spekulationen über die privaten Verstrickungen der beiden mächtigen Männer anheizt.

Wobei die Leserin Patricia Lay-Dorsey im Forum der New York Times zu Recht an die eigentliche Brisanz von Freundschaften und Affären in hohen Militär- oder Geheimdienstkreisen erinnert: "Warum diese Beziehungen von nationaler Wichtigkeit sind, liegt daran, dass Geliebte üblicherweise nicht nur das Bett miteinander teilen, sondern auch Geheimnisse."

Das Weiße Haus bringen die jüngsten Personalien in eine echte Bredouille. Der hochdekorierte David Petraeus war erst vergangenen Herbst als Nachfolger von Leon Panetta zum CIA-Chef ernannt worden, nachdem er sich militärisch in Afghanistan und dem Irak ausgezeichnet hatte. Seinen Posten übernimmt nun vorübergehend sein Stellvertreter Michael Morell.

John Allen wiederum, der von Petraeus den Oberbefehl über die Afghanistan-Truppe Isaf übernommen hatte, galt bereits als heißer Anwärter für den Posten des Oberkommandeurs der Nato. Die beiden Männer verbinden überdies gemeinsame militärische Einsätze.

  Eugene Robinson von der Washington Post amüsiert dabei das naiv anmutende Vorgehen von CIA-Chef Petraeus, der seiner Geliebten unter einem Pseudonym E-Mails über eine Gmail-Adresse geschrieben hatte und sich, wie es scheint, allein dadurch in Sicherheit wog: "Warum kam ihm nicht der Gedanke, dass er trotz eines falschen Namens enttarnt werden kann?" Zumal er die Mails offenbar vom selben Computer aus wie seine offizielle Korrespondenz verschickt habe.

 

Wer ist das Opfer?

Mehr noch sorgt jedoch in kritischen Kommentaren für Diskussionen, dass sich die US-Presse auf den vermeintlichen Konkurrenzkampf zwischen Jill Kelley und Paula Broadwell konzentriert und sich dabei insbesondere über letztere moralisch empöre statt die Rolle der verwickelten Männer näher zu beleuchten.

Für den Journalisten Frank Bruni (New York Times) ein Paradefall: "Es ist doch so, dass Frauen in dieser Situation häufiger der Anklage durch eine aufgebrachte Öffentlichkeit ausgesetzt sind und ihnen eine größere Verantwortung zugeschrieben wird (als Männern, Anm.)."

 Die bereits erwähnte Patricia Lay-Dorsey (New York Times) bestätigt: "Männer sind nicht nur unschuldige Opfer, die von liebenden Frauen in die Falle gelockt werden. Sie treffen einfach nur - aus welchen Motiven immer - armselige Entscheidungen. Und ihnen gleich tun es jene Frauen, die sich auf sie einlassen."

Diese Argumentation wiegt für Eugene Robinson (The Washington Post) umso schwerer, als "nicht jeder Mann in so hoher Position seinen Eheschwur bricht".

Aus der anhaltenden Diskussion zieht Erika Christakis vom Magazin Time denn auch einen naheliegenden Schluss: "Anstatt uns damit beschäftigen, wer Paula Broadwell ist, sollten wir uns besser fragen: Wer war David Petraeus?"

 

Schwerer Schlag für Obama

Nach offiziellen Angaben des Weißen Hauses sollen keine Geheimnisse zur nationalen Sicherheit von Allen bzw. Petraeus an die beiden Frauen weitergegeben worden sein. Unter Experten gilt die Causa dennoch als schwerer Schlag für den eben erst wiedergewählten US-Präsidenten Barack Obama.

Für die direkt Beteiligten ist die Affäre ohnehin noch nicht ausgestanden - weder beruflich, noch privat. Der gute Ruf von Paula Broadwell und die Karriere ihres mittlerweile ehemaligen Geliebten sind ramponiert. Dass David Patreus in der neuen Obama-Regierung einen Ministerposten erhält, wie im Wahlkampf gemutmaßt wurde, davon ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht auszugehen; was aus der geplanten Biografie, die Broadwell über ihn hätte schreiben sollen, wird, ist ungewiss; inwieweit sein Freund und Kollege John Allen noch mit seinem ehrenvollen Nato-Posten rechnen kann, ebenso.

Ute Rossbacher

Home
Politik
Chronik
Wirtschaft
Sport
Kultur
Society
Life
Reise
Motor
Hightech