Quelle: ZAMG

Interviews

Weitere Meinungsthemen

Die Legende Lance Armstrong ist Geschichte

Graham Hughes/PA/picturedesk.com

relevant Redaktion

Die Legende Lance Armstrong ist Geschichte

22.10.2012
Wenn die Vorwürfe, die die amerikanische Anti-Doping-Agentur gegen den ehemaligen Radprofi vorbringt, stimmen, bleibt von dessen Karriere nichts mehr übrig. Doch damit nicht genug.

In ihrem mehr als 1.000 Seiten umfassenden Bericht, den die amerikanische Anti-Doping-Agentur Usada vor wenigen Tagen vorgelegt hat, wirkt der internationale Radsport wie ein schauriges Gebilde, in dessen Zentrum der mehrfache Weltmeister Lance Armstrong steht. Die Beweislast gegen den 41-jährigen Spitzenathleten ist erdrückend; die Usada spricht von dem "ausgeklügeltsten, professionellsten und erfolgreichsten Dopingprogramm, das der Sport je gesehen hat".

 

Radsport mit System?

Den Angaben der Agentur zufolge soll Armstrong nicht nur mit Hilfe von Ärzten von 1998 bis 2011 gedopt, sondern auch andere Radprofis dazu gedrängt haben. Ein System, dem sich offenbar kaum jemand in der Szene zu entziehen wagte, glaubt man den übereinstimmenden Aussagen mehrerer Zeugen. Denn auch für diesen Fall soll Armstrong vorgesorgt haben, bestätigt Birger Hamann von Der Spiegel nach Einsicht in die Akten: "Bestand die Gefahr, dass jemand auspacken würde, bekam er es mit ihm (Armstrong, Anm.) persönlich zu tun. Einschüchterung und Drohungen waren probate Mittel, damit Leute weiter schwiegen."

Die Aussagen ehemaliger Sportler werfen auch Schatten auf den Internationalen Radsportverband (UCI), der laut Usada unter Verdacht steht, zumindest einer Dopingkontrolle Armstrongs (bei der Tour de Suisse 2001) nicht nachgegangen zu sein.

Für Thomas Hummel von der Süddeutschen Zeitung müssen sich allerdings nicht nur die sportlich Verantwortlichen Vorwürfe gefallen lassen: "Auch die Politik wird sich fragen müssen, ob die bisherigen Gesetze und Kontrollen rund um das Millionengeschäft Sport angemessen sind."

Von der Enttäuschung der Fans ganz zu schweigen, zu denen offenbar einst auch der Journalist Simon O'Hagan von The Independent zählte. Dieser fühlt sich - wie viele andere - provoziert: "Glauben Sie, dass ich wohl meine 7,99 Pfund zurückbekomme? Genau so viel nämlich habe ich für die Autobiografie von Lance Armstrong bezahlt."

Für den Autor und desillusionierten Armstrong-Fan steht außer Frage: "Davon, wie die Usada und der UCI mit dieser Affäre umgehen, wird abhängen, ob der Radsport eine große, saubere Zukunft vor sich hat oder ob die Drogenkultur im Radsport etwas ist, das wir letztlich nur in den Hinterkopf verdrängen können."

 

Wie wird der UCI entscheiden?

Die Usada hat ihre Schlüsse aus den vorliegenden Beweisstücken (Dokumente, Mails, Kontoauszüge etc.) und den stichhaltigen Zeugenaussagen bereits gezogen: Sie hat alle Ergebnisse Armstrongs rückwirkend bis 1. August 1998 gestrichen. Dieses Urteil ist heute (Montag) nun auch vom Internationalen Radsportverband bestätigt worden. Damit verliert Lance Armstrong alle sieben Titel, inklusive seiner Tour-de-France-Titel. Weitere gerichtliche Konsequenzen in seiner Heimat nicht ausgeschlossen.

Lance Armstrong übrigens weist die Vorwürfe als "einseitig verfälscht" zurück. Auf gerichtliche Gegenschritte wollte er offenbar dennoch verzichten. Der bereits zitierte Birger Hamann (Der Spiegel) glaubt auch zu wissen, warum. Denn dann müsste der einst weltweit umjubelte und gefeierte Sportler selbst unter Eid aussagen. Der Autor nicht ohne Unterton: "Armstrong wollte wohl nicht lügen."

Ute Rossbacher

Home
Politik
Chronik
Wirtschaft
Sport
Kultur
Society
Life
Reise
Motor
Hightech