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Vassilakou: "Rot-Grün funktioniert"

Rene Prohaska/Verlagsgruppe News/picturedesk.com

relevant Redaktion

Vassilakou: "Rot-Grün funktioniert"

08.10.2012
Zwei Jahre sind die Grünen nun in der Wiener Regierung. Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou zieht im relevant-Interview Bilanz.

 Rot-Grün polarisiert, soviel ist klar. Von "anarchistischem Chaos" bis hin zu "Politik der Zukunft" ist alles zu hören. Anbiedern würden sich die Grünen, meinen die einen; endlich werde die Stadt umweltbewusster, argumentieren die anderen.

Wiens Grüne Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou, bekannt für ihre wohl überlegten Statements, ist jedenfalls überzeugt, dass Rot-Grün funktioniert. Und zählt im Gespräch mit relevant-Journalist Manuel Simbürger die politischen Erfolge auf, zu denen auch das umstrittene Parkpickerl dazu gehört, das seit 1. Oktober beschlossene Sache ist.

relevant: Frau Vassilakou, zwei Jahre sind nun die Grünen in der Wiener Regierung. Ihre Bilanz als Politikerin?
Maria Vassilakou: Ich will diese Frage aus Sicht meines Ressorts beantworten. Wir haben uns zwei zentrale Schwerpunkte vorgenommen, die wir in dieser Legislaturperiode angehen wollen: Das ist zum einen konsequenter Klimaschutz, zum anderen die Verbesserung der Lebensqualität in der Stadt - also mehr Grün, mehr Platz für Bewegung, weniger Lärm, bessere Luft. Im Bereich der Verkehrs- und Stadtplanungspolitik haben wir dafür Weichenstellungen getroffen.

Konkret?
Das wohl wichtigste Vorhaben war die Tarifreform der Wiener Linien. Die Resonanz ist groß: Seitdem die neuen Tarife gelten, hat die Zahl der JahreskartenbesitzerInnen um 70.000 zugenommen. Das ist ein riesiger Erfolg. Auch beim Radverkehr geht einiges voran: Der Anteil konnte von fünf auf beinahe sieben Prozent gesteigert werden. Damit liegen wir im Plan, bis 2015 den Radverkehr in Wien zu verdoppeln.

Ein weiterer großer Schritt für mehr Platz und Grün in der Stadt ist die Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung. Schon nach wenigen Tagen ist für die BewohnerInnen spürbar, dass es mehr Platz und weniger Verkehr gibt. Gleichzeitig sind verschiedene Initiativen zum Carsharing gestartet.

Im Bereich der Energieversorgung haben in diesem Jahr die ersten BürgerInnensolarkraftwerke den Betrieb aufgenommen und eine große Energiesparoffensive gestartet.

Diese Liste ließe sich noch ziemlich verlängern.

 "Tarifreform sorgt europaweit für Aufsehen"

Und welche Bilanz zieht die Privatperson Maria Vassilakou?
Was zählt, sind politische Ergebnisse.

Was sehen Sie bisher als die größten Erfolge der Grünen an, seitdem sie in der Wiener Regierung sind?
Die Tarifreform der Wiener Linien ist ein Schritt, der mittlerweile europaweit für Aufsehen sorgt und zeigt, dass es auch anders geht, nämlich ökologisch und sozial verträglich. Dass jetzt so viele neue JahreskartenbesitzerInnen zu begrüßen sind, ist eindrucksvoller Beleg dafür, dass die WienerInnen diesen Kurs für gut und richtig halten. Ein zweites Beispiel ist die Anhebung der Kindermindestsicherung auf ein Niveau, das das höchste in Österreich ist.

Wie ist das aktuelle Klima in der Regierung?
Das Klima in der Regierung ist konstruktiv und unaufgeregt, auch in schwierigen Situationen. Rot-Grün funktioniert.

Den Grünen wird vorgeworfen, sich der SPÖ anzubiedern, seitdem sie in der Regierung sind. Hand aufs Herz: Musste man bereits Kompromisse eingehen, die schmerzlich waren?
Wie bitte!? Ich glaube, wir haben bewiesen, dass wir die im Regierungsabkommen vereinbarten Vorhaben Punkt für Punkt umsetzen, auch wenn es manchmal Gegenwind gibt.

 "Kann Aufregung um Parkpickerl verstehen"

Heftig kritisiert wurde auch das Parkpickerl, das seit 1. Oktober fix ist. Wieso war das Parkpickerl die richtige Entscheidung?
Die Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung ist ein notwendiger Schritt. Jeder Tag, der vergeht, ohne dass wir die Feinstaubbelastung in der Luft verringern, ist ein verlorener Tag im Kampf gegen Asthma und chronische Atemwegserkrankungen bei Kindern und älteren Menschen. Damit zu warten, wäre ein großer Fehler. Zusätzlich droht hier die EU mit saftigen Strafzahlungen.

Hat Sie die Diskussion überrascht, die rund um das Parkpickerl-Thema losgetreten wurde?
Nein. Niemand zahlt gerne für etwas, das bis gestern gratis gewesen ist. Insofern kann ich die Aufregung verstehen. Aber ich gehe davon aus, dass, sobald die positiven Effekte der Ausweitung der Kurzparkzonen spürbar sind, auch die Akzeptanz höher wird.

 Was hat es mit dem Projekt im 5. Bezirk auf sich?
Die Idee ist, über dem U-Bahnbereich der U4 Terrassen zu errichten, die als Aufenthaltsbereich für die BürgerInnen zu Verfügung stehen. Damit wird auf spektakuläre Art und Weise Raum gewonnen. Wir setzen auf eine Verbesserung der Lebensqualität, auch im dichtverbauten Gebiet. Die Wiental-Terrassen sind eine Möglichkeit dazu, den Raum über dem Wienfluss für die BewohnerInnen nutzbar zu machen. Jetzt starten die ersten Planungen.

Wien soll eine Milliarde Euro bis 2016 einsparen. Wie soll das funktionieren?
Hier ist jedes Ressort gefordert, rund zehn Prozent im eigenen Bereich zu sparen. Wir werden natürlich jedes Projekt genau abwägen und überlegen, ist es absolut notwendig oder kann die Umsetzung noch warten, oder kann bei der Umsetzung gespart werden. Große Einsparungspotenziale für die Stadt liegen im Gesundheitsbereich. Hier ist das zuständige Ressort auf einem sehr guten Kurs. In der Regierungsklausur haben wir ein Reform- und Wachstumspaket verabschiedet, das auf der einen Seite Effizienzsteigerungen, auf der anderen Seite gezielte Investitionen vorsieht.

"2013 wird Radjahr"

Was sind die nächsten Ziele bzw. Projekte, die Rot-Grün umsetzen will?
Unsere nächsten Projekte betreffen vor allem die Stadtgestaltung im Bereich Schwedenplatz, Mariahilferstraße und Meidlinger Hauptstraße. Das Jahr 2013 wird als "Radjahr" begangen, mit einer Vielzahl von Veranstaltungen zum Thema Rad. Höhepunkt: Die velo City, die weltgrößte Radkonferenz, die zum ersten Mal in Wien stattfindet.

Letzte Frage: Was tun Sie, um sich vom politischen Stress zu erholen?
Spazierengehen im Wienerwald.

Interview: Manuel Simbürger

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