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"Politikerinnen parodieren? Am liebsten alle"

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relevant Redaktion

"Politikerinnen praodieren? Am liebsten alle"

30.07.2012
Claudia Kottal wurde mit ihrer Parodie von Laura Rudas berühmt. Im relevant-Interview mit Manuel Simbürger spricht sie über Politik, TV und die freie Theaterszene.

Sie ist das Highlight der ORF-Satireshow "Die Staatskünstler": Wenn Claudia Kottal als dauer-grantige Laura Rudas auftritt, sind Lachtränen garantiert. Eine Parodie, die nicht beleidigend ist und doch direkt ins Schwarze trifft.

Wenn einem Kottal gegenübersitzt, ist "die Rudas" aber weit und breit nicht zu sehen: Die Schauspielerin, die ihre Wurzeln in der freien Wiener Theaterszene hat, präsentiert sich schüchtern, spricht leise und überlegt. Von Granteleien keine Spur, im Gegenteil: Kottal ist eine charmante junge Frau, die ihre plötzliche Bekanntheit selbst am wenigsten fassen kann.


relevant: Ich würde mit Ihnen natürlich gerne über die Laura-Rudas-Parodie sprechen. Nervt das schon etwas, dass Sie jeder darauf anspricht?

Claudia Kottal: Nein. Aber das Witzige ist, dass mich in letzter Zeit jeder fragt, ob ich es nervig finde. (lacht) Und bevor Sie fragen: Es ist noch nicht sicher, ob "Die Staatskünstler" erneut die Rolle der Laura Rudas aufnehmen werden. Das kommt wohl ganz darauf an, was gerade in der Politik aktuell ist. Es hat auf jeden Fall großen Spaß gemacht, Laura Rudas zu parodieren. Obwohl ich anfangs Angst hatte, wie sie es aufnimmt.

Und wie hat sie es aufgenommen?

Sehr gut. Ich habe mich mittlerweile mit ihr getroffen, was sehr nett war. Sie hat mir glaubwürdig versichert, dass sie kein Problem mit der Parodie hat. Sie hat erzählt, dass sie im Kabarett bisher immer als kleines Mädchen mit piepsiger Stimme dargestellt wurde. Da sei ihr eine Parodie als harte, taffe Frau schon lieber.

Vielleicht fühlt sich Rudas sogar geehrt?

Das würde ich nicht sagen. (lacht)


"Von Faymann eingeladen"

Kam von der SPÖ Kritik wegen Ihrer Parodie?

Es gab das Gerücht, dass das Video mit der Rudas-Parodie von der ORF-Videothek entfernt wurde und es für einen Tag aus unerfindlichen Gründen nicht abrufbar war. Aber: Ich bekam eine Einladung zum Werner-Faymann-Sommerfest. Also so beleidigt können sie nicht sein.

Wie gelingt eine gute Parodie?

Das Konzept der Rudas-Parodie stammt ja nicht von mir, sondern von Maurer, Scheuba und Palfrader, die Rudas ein paar Mal backstage getroffen haben. Ich kannte sie vorher nicht persönlich, habe aber sehr viele YouTube-Videos von ihr studiert.

Sind Sie bereits vor der Parodie darauf angesprochen worden, dass Sie Rudas ähnlich sehen?

Nein, überhaupt nicht. Ich finde auch gar nicht, dass wir uns so wahnsinnig ähnlich schauen. Wir sind beide dunkle Typen, aber davon gibt es da draußen ja viele.


"Politikerinnen sind hart und taff"

Würden Sie gerne auch einmal andere Politikerinnen parodieren?

Natürlich. Am liebsten alle! (lacht) Neue Rollen bedeuten neue Herausforderungen. Mir macht es viel Spaß, verschiedene Rollen zu spielen, auch abseits der taffen, harten Figuren. Wobei Politikerinnen wahrscheinlich alle hart und taff sind. Als Frau muss man sich in der Politik schließlich noch mehr behaupten.

Sie drehen gerade für den ORF die neue Serie "Copstories" ...

Genau. In der Serie, eine Art Reality-Format, geht es um die Streifenpolizei und die Kripo. Ich spiele eine Kripobeamtin mit Kampfsporthintergrund, die auch mal gern die Regeln bricht. Es wird nicht um Mordfälle, sondern um Prostitution und Drogenhandel gehen.

Also erneut eine taffe Frauenfigur. Haben Sie Sorge, dass Sie in eine Schublade gesteckt werden könnten?

Eigentlich nicht. Und wenn schon in eine Schublade gesteckt werden, dann bitte in diese. Gedanken mache ich mir eher darüber, ob das Publikum in mir nur noch die Laura sieht.


"Theater ist Basis"

Die Rudas-Parodie war aber ein großer Karrieresprung für Sie. Sehen Sie sich bereits als Star?

(lacht laut) Nein, ganz und gar nicht! Aber es ist schon seltsam, wie schnell so etwas gehen kann. Ich hätte mir nie gedacht, dass die Rudas-Parodie mich derart bekannt machen würde. Schließlich waren die Szenen in nur fünf mal drei Stunden abgedreht.

Was ist der größte Unterschied zwischen der Arbeit am Theater und im TV?

Beim TV bereitet man sich detailgenau vor und hat weniger Freiheiten als Schauspieler. Die Arbeit ist eine sehr begrenzte. Das muss man erst lernen. Ich finde es sehr schade, dass man in Schauspielschulen viel zu wenig darauf vorbereitet wird. In der Ausbildung wird man vor allem auf das Theater gedrillt. Ich weiß allerdings nicht, wieso das so ist.

Vielleicht, weil Theater immer noch als höhere Kunstform als das Fernsehen angesehen wird?

Theater ist sicherlich die Basis für jeden Schauspieler. Ich bin froh, dass ich sehr viel Theater gespielt habe, bevor ich mit der TV-Arbeit angefangen habe. (überlegt) Ich denke, dass zwischen Theater und TV eine Art von Feindschaft besteht. Viele Schauspieler oder Regisseure entscheiden sich nur für das eine oder das andere. Das ist schade. Ein guter Schauspieler sollte in allen Bereichen gut sein.


"Burgtheater würde mich reizen"

Würde es Sie reizen, am Burgtheater zu spielen?

Natürlich. Es gibt auch viele andere Theater, zum Beispiel in Deutschland, die mich reizen. Generell würde ich sehr gerne mal auf großen Bühnen und in klassischen Stücken spielen. In der freien Theaterszene herrschen ja vor allem die modernen Stücke vor.

Apropos: Sie kommen aus der freien Wiener Theaterszene. Zerrt es am Ego, wenn der große Durchbruch im TV kam?

Das kommt auf die eigenen Maßstäbe an, die man sich setzt. Eigentlich hat das eine nichts mit dem anderen zu tun. Die Rudas-Parodie war gut für den ORF, aber am Theater oder beim Film, gar nicht zu sprechen von Deutschland, interessiert das gar keinen.


"Habe Ausländerhass zu spüren bekommen"

Kommen wir zuletzt auf die Politik zu sprechen. Sind Sie ein politisch engagierter Mensch?

Ehrlich gesagt, nicht. Was mich aber aufregt ist eine Migrationspolitik à la FPÖ – so etwas ist ungeheuerlich! Meine Mutter ist geborene Polin. Als junges Mädchen habe ich den Ausländerhass leider am eigenen Leib mitbekommen und weiß, wie schlimm das ist. Seit der Rudas-Parodie setze ich mich allerdings mehr mit politischen Fragen auseinander.

Woran liegt der große Erfolg der FPÖ?

Strache ist eine starke und sehr charismatische Persönlichkeit. Und er macht klare Aussagen. Diese ecken zwar an, aber jeder weiß, was gemeint ist. Zudem kommt es gesellschaftlich leider gut an, wenn man einen Sündenbock für alle Probleme herausfiltert. Ich kann mir vorstellen, dass frustrierte Bürger sich der FPÖ mit Freude anhängen.

Die Politiker haben mit einem enormen Vertrauensverlust der Bürger zu kämpfen. Haben Sie noch Vertrauen in die Politik?

Bei mir ist das mehr ein Bauchgefühl. Ich höre PolitikerInnen zu und entscheide dann, ob ich ihm oder ihr vertraue oder nicht. Aber man darf nicht vergessen, dass der Politiker-Job ein schwieriger ist. Man muss viele Kompromisse schließen.

Zu Laura Rudas haben Sie Vertrauen?

(lacht) Ja, das habe ich.

Sie scheinen Verständnis für Politiker zu haben. Das ist sehr selten ...

Ich bin generell jemand, der darauf achtet, wie es jemandem bei dem, was er macht, geht. Vielleicht sollte ich das weniger tun. (lacht)

Letzte Frage: Würden Sie sich mehr Unterstützung für die freie Theaterszene seitens der Politik wünschen?

In Deutschland ist die Lage viel schlimmer als sie bei uns ist. Jedoch sollen angeblich auch in Österreich viele Kürzungen vorgenommen werden, einige kleinere Theater werden zusperren müssen. Bislang aber ist die freie Wiener Theaterszene sehr lebendig.

Interview: Manuel Simbürger

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