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München 1972: "das 9/11 der 70-Jahre"

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München 1972: "das 9/11 der 70er-Jahre"

05.09.2012
In München wird zum 40. Mal des Anschlags auf das israelische Olympia-Team gedacht.

Es war der 5. September 1972, als die palästinensische Terrororganisation "Schwarzer September" in das olympische Dorf in München eindrang und elf israelische Sportler tötete. In mehrfacher Hinsicht hinterließ dieses Ereignis einen bitteren Nachgeschmack, auch für Jochanan Shelliem von Deutschlandradio:

"Das Olympische Komitee sah sich als Gast in München und nicht zuständig. Die deutschen Behörden schoben dem israelischen Sicherheitsdienst die Verantwortung zu, und die israelischen Behörden wurden bei der Geiselnahme daran gehindert, einzugreifen."

Auch in den dokumentarischen Rückblenden, die dieser Tage in größerer Zahl im Fernsehen zu sehen sind, wird auf diesen Aspekt eingegangen. Und dabei die Frage gestellt, ob sich dieses Attentat hätte verhindern lassen.


Anschlag mit Ansage

Ja, ist Georg M. Hafner überzeugt. In seiner ARD-Dokumentation "München 1970. Als der Terror zu uns kam" richtet der Journalist seinen Blick auf die Zeit vor dem September 1972 und dabei verstärkt auf das Jahr 1970, das in mehrfacher Hinsicht als warnendes Vorzeichen verstanden werden kann.

Zu Beginn des Jahres sollte eine EL-Al-Maschine entführt werden; nur wenige Tage später wurde in München ein Feuer in einem jüdischen Altenheim gelegt - sieben Holocaust-Überlebende verbrannten bei lebendigem Leib. Des weiteren kam es zu Anschlägen auf zwei Maschinen der AUA und der Swissair.

Jochen Hieber von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung bringt Hafners persönliche Schlussfolgerungen zu Papier: "Hätte man die Geschehnisse des Februars 1970 wirklich ernst genommen, wäre der Anschlag auf die Olympischen Spiele zwei Jahre danach womöglich zu verhindern gewesen: 'Zeit genug war.'"

Um die Ereignisse für Jüngere historisch einzuordnen, bedient sich der TV-Produzent Marc Brasse ("Vom Traum zum Terror – München 1972") im Gespräch mit Der Spiegel im übrigen eines anschaulichen Vergleichs: "Der 5. September '72 ist das 9/11 der siebziger Jahre gewesen."


Gedenken ohne Gedenkminute

Angesichts der Tragweite dieses Ereignisses versuchen bis heute Angehörige der Opfer, eine offizielle Gedenkminute bei den Olympischen Spielen zu erwirken. Auch in diesem Jahr. Doch das Olympische Komitee zögerte, da es einen Boykott der arabischen Länder fürchtet.

Stattdessen sind die Verantwortlichen bestrebt, ein Ereignis wie in München 1972 unter allen Umständen zu verhindern. Das wurde auch bei den Olympischen Spielen in London in diesem Sommer deutlich. Ein Aufgebot, das seinesgleichen sucht, garantierte in diesem Jahr sichere Spiele: 40.000 Sicherheitskräfte waren im Dauereinsatz, die Kosten dafür beliefen sich auf mehr als eine Milliarde Euro - ein neuer Rekord. Laut Agenturberichten handelte es sich dabei um den größten Einsatz von Sicherheitskräften in Großbritannien in Friedenszeiten.

Ute Rossbacher


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