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Der Fall Grasser(s): eine Chronologie

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Der Fall Grasser: eine Chronologie

19.12.2012
Der einst bejubelte Finanzminister im Tauziehen mit der Staatsanwaltschaft.

Dezember 2012 Gemäß eines Urteils des Oberlandesgerichts Wien muss die Grüne Abgeordnete Gabriela Moser ihre Aussagen über Karl-Heinz Grasser, dieser sei ein "Schutzpatron der Steuersünder" und hätte bestimmte Firmen bezüglich Steuerprüfungen begünstigt, öffentlich widerrufen; darunter im ORF, da sie die Aussagen auch gegenüber der Rundfunkanstalt getätigt haben soll. Der Ex-Minister sah sich durch diese in seiner Ehre verletzt und hatte Moser deshalb geklagt.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Gabriela Moser will dagegen berufen.

 

 Was bisher geschah

2. Jänner 1969 Karl-Heinz Grasser wird in Klagenfurt geboren.

1992 Der diplomierte Betriebswirt lernt Jörg Haider kennen und wird wissenschaftlicher Fachreferent für Tourismuspolitik und parlamentarischer Mitarbeiter im Parlamentsklub der FPÖ.

1993 Grasser steigt zum Geschäftsführer der freiheitlichen Akademie und gleichberechtigten Generalsekretär der FPÖ auf.

1994 - 1998 Grasser ist Landeshauptmann-Stellvertreter in der Kärntner Landesregierung unter Landeshauptmann Christof Zernatto (ÖVP).

1998 Der Klagenfurter wechselt für kurze Zeit als Vizepräsident für Human Resources and Public Relations zu Magna International. Grasser distanziert sich öffentlich von Haider.

1999 Zusätzlich wird Grasser Geschäftsführer der Sport Management International (SMI) - ein Unternehmen im Besitz von Magna. Im Herbst desselben Jahres kehrt er wieder in die Politik zurück und wird in der schwarz-blauen Wende-Regierung Österreichs jüngster Finanzminister.

Ära Grasser Lange hält sich Grasser als beliebtester Minister Österreichs. Unter dem medienwirksamen Titel "Nulldefizit" lässt er Steuern erhöhen und reduziert die Staatsausgaben. Großes Geld spült vor allem der Verkauf österreichischer Unternehmen(santeile) und Besitzungen in die Staatskassa (z.B. Tabakwerke).

2002 Im Zuge des "Knittelfelder Putsches" tritt Grasser als Finanzminister zurück und aus der FPÖ aus. Nach den von der ÖVP ausgerufenen Neuwahlen tritt der Kärntner Politiker wieder in die Regierung unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel ein - diesmal als parteiloser Minister. Auch ohne Parteibuch nimmt Grasser Aufgaben im Bundesvorstand der ÖVP wahr.

2003 Grasser erhält das Große Goldene Ehrenzeichen am Bande für Verdienste um die Republik Österreich.

Seychellen-Urlaub Walter Meischberger soll Grasser über seine Agentur "Zehn Vierzig" einen Urlaub bezahlt haben. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Homepage-Affäre Grasser wird vorgeworfen, im Jahr 2004 250.000 Euro an Spendengeldern der österreichischen Industriellenvereinigung zur Erstellung einer Website nicht versteuert zu haben. Der Finanzminister kontert, dass die Gelder nicht für ihn, sondern den "Verein zur Förderung der New Economy" bestimmt seien; dessen Mitglied er zwar sei, nicht aber dessen Obmann.

2005 Grasser heiratet die Swarovski-Erbin Fiona Pacifico Griffini.

Bawag-Affäre Grassers Name taucht im Zusammenhang mit Banker Wolfgang Flöttl jun. auf. Sie sollen sich mehrmals getroffen und 2005 zwei Tage gemeinsam auf einer Yacht von Julius Meinl V. verbracht haben. Nur wenige Tage, nachdem der Finanzminister die Kontakte mit Flöttl dementiert, bestätigt er sie.

2007 Grasser zieht sich aus der Bundespolitik zurück und arbeitet fortan - gemeinsam mit Julius Meinl V. - bei Meinl International Power (MIP). Dabei handelt es sich um einen Energie-Investmentfonds. Die Agentur Valora Solutions, die er im selben Jahr mit seinem Trauzeugen Walter Meischberger gründet, wird nach einem Jahr wieder aufgelöst. Grasser gründet die Vermögensverwaltung SMW OG.

2008 Die Führungsspitze von Meinl International Power (MIP) wird abgewählt, wodurch auch Grasser das Unternehmen verlässt.

2009 Als Julius Meinl V. vorübergehend festgenommen wird, veräußert Grasser seine Firmenanteile an der Nachfolgegesellschaft von Meinl International Power (MIP). Auch aus der Fondsgesellschaft C-Quadrat scheidet Grasser aus.

Buwog-Affäre Der noch in der Grasser-Ära über die Bühne gegangene Verkauf von 60.000 Bundeswohnungen beschäftigt seit Herbst 2009 die Behörden. Die Affäre nimmt mit einer Selbstanzeige von Ex-FPÖ-Politiker Peter Hochegger und Walter Meischberger ihren Lauf. Beide sollen Berater-Honorare in Millionenhöhe nicht versteuert haben. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft reicht jedoch weiter: Es handle sich nicht um Honorare, sondern Geld für Insider-Tipps an die Immofinanz, die sich dadurch im Bieter-Finale gegen den Bestbieter CA durchgesetzt habe. Meischberger und Hochegger bestreiten alle Vorwürfe; Grasser wiederum, von möglichen Absprachen oder Zahlungen gewusst zu haben. Auch gegen ihn werden Ermittlungen eingeleitet. Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.

Im Juni 2010 weitet die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen auf weitere Privatisierungen der Ära Grasser aus. Weiters ordnet sie eine Offenlegung sämtlicher Konten des ehemaligen Finanzministers an.

Im Dezember 2010 präsentiert die Grüne-Abgeordnete Gabriele Moser im Parlament Abhörprotokolle zu Telefonaten zwischen Meischberger und Grasser. Darin beratschlagen sie, wofür Meischberger seine vom Baukonzern Porr gezahlten Honorare erhalten haben könnte:

Meischberger: "Wo woar mei Leistung?"; Grasser: "... na, aber das würd ich mir ah bisserl anschauen verstehst, in welchen Ländern, in welchen Ländern ist die Porr, in welchen Projekten war sie tätig."; Meischberger: "Da bin ich jetzt supernackt."

Hypo Alpe Adria 2010 belasten neue Enthüllungsberichte (u.a. Format) den Ex-Finanzminister. Jenen zufolge soll Grasser am Verkauf der Kärntner Bank verdient haben. Er dementiert alle Vorwürfe. Für ihn gilt die Unschuldsvermutung.

Liechtenstein-Stiftung Anfang 2011 wird bekannt, dass Grasser mehrere Millionen Euro (laut profil rund 9 Millionen Euro) in einer ausländischen Stiftung geparkt haben soll. Das Vermögen hat der Ex-Politiker laut eigenen Angaben vor allem über seine Tätigkeit bei der Meinl International Power (MIP) erwirtschaftet. Unter anderem im Besitz der Stiftung: ein Seegrundstück in Maria Wörth, das auch an Grassers Frau Fiona vermietet wurde. In der ZiB2-Ausgabe vom 12.1. bezeichnet Grasser diese Vorgänge als "normale Struktur" und spricht in Bezug auf das Vorgehen der Behörden gegen ihn seit 2009 von einer "Willkür der Justiz"; er fühle sich "schlecht und ungerecht behandelt".

19. Jänner 2011 Unter Berufung auf Juristenkreise berichtet Die Presse, dass es in diesem Jahr weder zu einer Anklage noch einem Prozess in der Causa Buwog kommen werde. Denn, so Thomas Vecsey (Sprecher der Staatsanwaltschaft), gegenüber dem Blatt: "Es fehlen uns noch Tonnen von Material zu den Geldflüssen in die Schweiz und nach Liechtenstein."

21. Jänner 2011 Der Antrag von Grünen und BZÖ auf einen Untersuchungsausschuss gegen Grasser findet keine Mehrheit im Parlament. Begründung der Regierung: Zuerst einmal solle die Justiz ihre Erhebungen abschließen, dann könne man immer noch über einen U-Ausschuss entscheiden.

27. Jänner 2011 Laut einem Bericht des Magazins Format soll sich Grasser im Herbst 2010 beim Finanzamt in Wien selbst angezeigt haben. Dabei geht es um 18.000 Euro, die er von 2002 bis 2008 nicht versteuert haben soll. Als brisant gilt, dass diese Vorgänge noch in seine Amtszeit als Finanzminister fallen.

Wie Der Standard berichtet, sollen die Ermittlungen in der Causa um den Finanzdienstleister AvW auch auf Grasser ausgedehnt worden sein. Der Vorwurf: 2001 und 2005 wurden AvW-Großbetriebsprüfungen - angeblich auf Weisung - eingestellt. Die Ermittlungen sollen klären, ob Grasser als Finanzminister davon Kenntnis hatte. Sein Anwalt bestreitet die Vorwürfe; es gilt die Unschuldsvermutung.

Auch die Grasser-Stiftung in Liechtenstein beschäftigt die Behörden: Sie verfügt laut Kurier über Briefkastenfirmen in der Karibik. Von diesen flossen Millionenbeträge an Grassers Firma "Valuecreation". Warum, versuchen die Ermittler zu klären. Es gilt die Unschuldsvermutung.

28. Jänner 2011 Grasser äußert sich gegenüber dem ORF zu seinen Spekulationsgewinnen, die er erst nachträglich im Herbst 2010 versteuert haben soll: "Ich hab selbst dem Finanzamt diesen Fehler gemeldet. Und ich glaube, dass meine steuerliche Situation jetzt absolut perfekt ist, und sie wird ja auch im Detail noch einmal geprüft."

Sommer 2011 Wie der Kurier berichtet, soll Grassers Rechtsanwalt Manfred Ainedter Anträge auf Verfahrenseinstellung eingebracht haben, deren Antwort laut seinen Angaben noch ausstehe.

20. Oktober 2011 Der Nationalrat setzt einen Untersuchungsausschuss zur Klärung aller Korruptionsvorwürfe ein. Diesem steht die Grünen-Abgeordnete Gabriele Moser vor.

November 2011 Recherchen von Josef Redl (profil) zufolge soll eine geplante Betriebsprüfung bei Grassers Ehefrau Fiona im Jahr 2007 abgesagt worden sein. Brisant sind die Details, die der Autor enthüllt: Aus ungeklärten Ursachen sei der Akt von Kitzbühel nach Wien übergeben worden. Die dort zuständige Sachbearbeiterin soll - so das Magazin weiter - "ein Naheverhältnis zu KHG" haben. Damit nicht genug, ergänzt der Autor: "Dieselbe Finanzbeamtin soll beinahe zeitgleich eine Prüfung von Grassers Gesellschaft Valuecreation unterbunden und dessen Stiftungsgeflecht eine steuerliche Unbedenklichkeitserklärung ausgestellt haben." Für die Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.

Ebenso, wie im Falle der weiteren Verdachtsmomente: Eine Aktennotiz, die bei dem Baukonzern Porr aufgetaucht ist, könnte - so unter anderem Die Presse - auf Schmiergeldzahlungen hindeuten. Ob zu deren Empfängern Karl-Heinz Grasser zählte, ist weiterer Gegenstand der Untersuchungen. Für den ehemaligen Finanzminister gilt die Unschuldsvermutung.

Jänner/Februar 2012 Woher stammen jene 500.000 Euro, die Karl-Heinz Grasser zwischen 2005 und 2006 für seine Schwiegermutter Marina Giori-Lhota über das Konto der Liechtensteiner Treuhandgesellschaft Ferint veranlagt haben soll? Denn wie das profil, dem ein Schreiben der Schwiegermutter an das Innsbrucker Finanzamt vorliegen soll, berichtet, soll Giori-Lhota laut eigenen Angaben keine "wirtschaftlich Berechtigte" des besagten Depot-Kontos gewesen sein. Grasser wie sein Anwalt weisen die Vorwürfe entschieden zurück. Es gilt die Unschuldsvermutung.

8. Februar Die CA Immobilien Anlagen AG (CA Immo), die bei dem Verkauf der Bundeswohnungen als Bieter unterlegen ist, schließt sich als Privatkläger dem Buwog-Strafverfahren an und fordert von Karl-Heinz Grasser, Peter Hochegger, Ernst Karl Plech und Walter Meischberger rund 200 Millionen Euro Schadenersatz. Das berichtet der Falter.

Mai 2012 Seit Ende Februar wurde der ehemalige Finanzminister drei Mal vom Korruptions-Untersuchungsausschusses befragt. Unterdessen berichtet das profil, dass Grasser zwischen 2007 und 2009 insgesamt 5,376 Millionen Euro an der Finanz vorbeigeschleust haben soll. Erhärtet wird der Verdacht durch die Aussagen einer seiner Steuerberater. Dieser soll, so das Magazin weiter, Grasser vor den Risiken gewarnt haben, die eine unvollständige Offenlegung der Einkünfte mit sich bringt. Es gilt die Unschuldsvermutung.

September 2012 Laut Angaben von Der Standard soll sich der Verdacht der Steuerhinterziehung gegen Karl-Heinz Grasser erhärtet haben. Mit einer Anklage rechnet die Tageszeitung noch im Herbst. Bei der Staatsanwalt will man das noch nicht bestätigen. Es gilt die Unschuldsvermutung.

 

Grasser-Zitate

"Ein guter Tag beginnt mit einem sanierten Budget."

..."mehr privat, weniger Staat" ...

"Ich habe einfach nichts gemacht." (ZiB2, 12.1.2011)

"Das ist eine alte Rechnung von SPÖ und Grünen." (ebenda)

"Die Wahrheit ist: Ich bin unschuldig. Und hätte man irgendwas gegen mich gefunden in den letzten zweieinhalb Jahren, dann wäre ich schon längst angeklagt." (ORF-Magazin "Report", 7.2.2012)

 

rel.red.

 

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