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Farina: "Von Casting-Bewerben rate ich ab"

Thorsten Urschler

relevant Redaktion

Farina: "Von Casting-Bewerben rate ich ab"

16.05.2012
Wer montags "Sport und Talk im Hangar 7" in ServusTV sieht, kennt auch die Band Red Blues und ihre Sängerin Farina Miss. relevant hat die sympathische Sängerin zum Interview getroffen.

Bei ihren wöchentlichen Auftritten in ServusTV interpretiert Farina Miss aktuelle Hits und Evergreens im Dixieland-Stil. Die Bandbreite der aus Deutschland stammenden Sängerin, die es 2005 nach Österreich verschlug, reicht aber deutlich weiter.

Über ihren Werdegang und ihre musikalischen Pläne sprach die in Wien lebende Künstlerin mit relevant-Redakteurin Ute Rossbacher.

 

relevant: Farina, vielen heimischen ZuseherInnen sind Sie als Sängerin der "Red Blues" bekannt, die allwöchentlich den musikalischen Rahmen der ServusTV-Sendung "Sport und Talk in Hangar 7" bildet. Wie kam es zu Ihrem Engagement?

Farina Miss: Dazu kam es im Oktober 2009, noch während meines Jazz-Studiums in Graz. Zu jener Zeit habe ich viele Kontakte geknüpft und dabei auch drei Mitglieder der "Red Blues" kennen- und schätzen gelernt. Ich war also zur richtigen Zeit am richtigen Ort!

Wie läuft die Vorbereitung auf Ihren wöchentlichen Fernseh-Auftritt ab, z.B. die Auswahl Ihrer Songs?

Die Lieder müssen sich im Dixie-Rhythmus interpretieren lassen. Das ist die Voraussetzung. Entsprechend müssen wir Titel suchen, die wir adaptieren können. Balladen kommen daher kaum in Frage.

Grundsätzlich ist es gar nicht so einfach, Songs zu finden, die sich nicht nur um Liebe oder Herzschmerz drehen. Zum Glück gibt es aber noch ein paar SängerInnen, die etwas zu erzählen haben! (lacht) Es macht Spaß, für die Sendung passende Songs zu suchen und ihre Texte zu analysieren - gerade, wenn man noch nicht auf deren Sinn geachtet hat.

Ob Dixie, Soul, Funk oder Jazz: Stimmlich und musikalisch beweisen Sie eine große Bandbreite. Welche Musikrichtungen oder SängerInnen hören Sie persönlich am liebsten?

Neo-Soul! Das ist eine Mischung aus R'B, Jazz und vielen anderen Einflüssen – der neue Soul, der von jenem der 70er- und 80er-Jahre inspiriert wurde. Diese Musik schreibe ich und höre ich am liebsten. MEINE Musik ... (lacht)

Eine meiner großen Vorbilder ist Erykah Baduh – für mich eine der wichtigsten Sängerinnen im Bereich Neo-Soul. Weiters mag ich die Sängerin Jill Scott, die Sänger D'Angelo oder Van Hunt – vor allem dessen Song "Being A Girl". Genau in diese Richtung sollte auch mein Album gehen. Die Lieder dafür sind schon fertig. Im Moment suche ich noch eine Plattenfirma – keine leichte Sache!

 

"Es begann mit Miles Davis ..."

Sie stammen gebürtig aus Mönchengladbach in Deutschland und leben seit 2005 in Österreich. Wie hat es Sie hierher verschlagen?

Meine Mutter ist aus Landshut, dort habe ich auch eine Zeitlang gelebt. Auf dem Gymnasium habe ich mich dann gegen das Abitur entschieden und mich mit 18 selber von der Schule abgemeldet – nach dem Motto: Herr Direktor, tschüss, baba! Alles, weil ich Musik studieren wollte.

Und das kam so: In dem Film "Die Braut, die sich nicht traut" gibt es eine Szene, in der das Stück "Blue in Green" vom Album "Kind of Blue" von Miles Davis läuft. Das war meine erste Jazz-CD. Eigentlich harte Kost, weil es sehr anspruchsvoll ist. Ich war so begeistert, dass ich dachte, ich müsse diese Musik an der Universität studieren. Wobei einem gerade im Gesangsstudium alles erklärt und somit dem Ganzen auch schnell der Zauber genommen wird. Der Vorteil aber ist: Man erlernt ein Handwerk. Und das sehr gut.

Ich ging also mit 19 Jahren – mutterseelenallein (lacht) - nach Graz, weil mir Musiker-Kollegen die dortige Universität empfohlen haben, und schaffte tatsächlich die Aufnahmeprüfung.

Sie haben bereits in verschiedenen Städten gelebt. Wenn Sie Ihre Zeit an den jeweiligen Orten mit Alben oder Songs beschreiben müssten, welche fallen Ihnen ein?

Für die Zeit in Mönchengladbach steht das Album "Rainbow" von Mariah Carey, vor allem der Song "Can't take that away from me" - die erste CD, die ich mir bewusst gekauft habe. Denn bis dato war ich nicht wirklich musikinteressiert gewesen. Das kam erst mit dieser Platte und der Erkenntnis, dass ich singen kann.

In Landshut machte ich dann schon selbst Musik – da ging das Ganze schon tiefer. Ich hörte "Falling" von Alicia Keys. Das war der erste Song, den ich beim Schulkonzert gesungen hatte - mein erster öffentlicher Auftritt. Und das Publikum war hin und weg. Das war mein Startschuss – und ich wusste, was ich will: auf der Bühne stehen!

Die Zeit in Graz hingegen war für mich gerade zu Beginn hart. Ich habe mich mit dem Studium geplagt, weil es als Quereinsteigerin auf der Jazz-Universität unglaublich schwer war, allen Anforderungen zu entsprechen - ich konnte ja keine Noten lesen. Und da gibt's keine Gnade: Entweder man schafft es oder man fällt durch!

Die Musik, die ich damals hörte, klang also nachdenklicher und depressiver. Ein Song aus dieser Zeit ist "Gabriel" von Peven Everett. Dieses Lied habe ich in diesen eineinhalb Jahre wirklich gebraucht!

 

"Bin ein großer Österreich-Fan"

Welche Unterschiede zwischen Österreich und Deutschland stechen Ihnen besonders ins Auge?

Ich bin ein großer Österreich-Fan, fühle mich hier absolut wohl - hat es mich doch durch meine diversen Engagements schon in alle neun Bundesländer verschlagen. Es ist alles einfach überschaubarer. Was natürlich Vor- und Nachteile hat.

In Deutschland als professioneller Musiker Fuß zu fassen ist zum Beispiel viel schwerer als in Österreich. Allein schon deshalb, weil es deutlich mehr EinwohnerInnen hat. Dadurch zieht sich alles länger hin. Hier hingegen knüpft man schnell Kontakte, lernt jemanden kennen, der wiederum jemanden kennt usw – anders als in Deutschland. In Österreich ist es einfach viel g'miatlicher!

Sie haben 2003 das "Coca-Cola-Casting" und 2008 den "Red-Bull-Sound Clash"-Bewerb gewonnen. Wie stehen Sie nach Ihren Erfahrungen generell zu Casting-Bewerben?

Allen, die Musik als Beruf ausüben und für die eigene Seele machen wollen, rate ich davon ab. Denn sobald man seinen Fuß in ein Casting setzt, geht es nur noch um Verträge. Zuerst einmal gibt man alle Rechte ab. Gewinnt man dann noch, befindet man sich erst recht in den Klauen der Maschinerie – sprich Plattenbossen, Produzenten etc. Man ist ein Produkt. Sie sagen dir, was du anziehen, was du tun sollst etc.

Bei mir ist es zum Glück gar nicht erst so weit gekommen. Ich war damals noch ein Teenager, als ich einen Plattenvertrag gewonnen hatte. Es folgte ein Fernsehauftritt mit Playback – für mich schrecklich, denn ich will live singen! Aber damit fängt es an ...

Und dabei habe ich nur daran gekratzt! Ich möchte nicht wissen, wie es all denen geht, die da richtig drinnenhängen. Die zahlreichen Burnouts und Zusammenbrüche kann man den jungen SängerInnen jedenfalls nicht verdenken, denn sie spielen eine Rolle – 24 Stunden am Tag.

 

"Fernsehen - ein Lernprozess"

In welchem Rahmen singen Sie am liebsten?

Am liebsten vor vielen Leuten. Denn im kleinen Kreis sieht man die Menschen im Publikum, auch die, die man persönlich kennt. Dadurch wird es viel schwerer, auf der Bühne eine Rolle zu spielen. Denn man spielt eine Rolle in diesem Moment – man ist stärker geschminkt, anders gekleidet. Durch eine gewisse Distanz kompensiert man die Scheu vor dem Publikum. Das ist in einem intimen Rahmen schwieriger.

Im Fernsehen läuft das wieder ganz anders. Man weiß, dass man von vielen Menschen gesehen wird, aber hat kein rechtes Gefühl für die Menge, weil man sie nicht vollständig vor Augen hat. Damit muss man klarkommen. Vor allem, weil der Auftritt perfekt sein muss.

Wie ging es Ihnen dabei, vor der Kamera fernsehgerecht zu erscheinen und dennoch natürlich zu bleiben?

Mein persönlicher Knackpunkt war, als nach eineinhalb, zwei Jahren ein Kameramann zu mir sagte: "Du, schau doch einmal in die Kamera!" Da wurde mir erst richtig bewusst, dass ich den Fernsehzuseher nur über diesen Weg erreichen kann – durch den direkten Blick in die Kamera. Seit damals beherzige ich das, und es wird von Sendung zu Sendung besser. Fernsehen ist und bleibt aber für mich immer noch ein Lernprozess!

Interview: Ute Rossbacher

 

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