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Sima: "EU fördert Atomenergie einseitig"

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relevant Redaktion

Sima: "EU fördert Atomenergie einseitig"

12.04.2012
Die Wiener Umweltstadträtin im relevant-Interview über ihr Engagement gegen die Atomindustrie, Fukushima und das slowakische AKW Mochovce.

In Kooperation mit anderen europäischen Städten setzt sich Wien für den Ausstieg aus der Kernenergie und eine Umstellung auf alternative Energieformen ein. Ulli Sima (SPÖ), seit 2004 Umweltstadträtin der Stadt, ist an diesem Projekt federführend beteiligt. relevant-Redakteurin Ute Rossbacher gab die zweifache Mutter mit Wurzeln in Kärnten einen Einblick, wie weit ihre Initiative gediehen ist.


relevant: Sie engagieren sich für einen europaweiten Atomausstieg. Wie sieht die Alternative in Ihren Augen aus?

Ulli Sima: Die einzige Antwort auf die Atomkraft sind erneuerbare Energieträger und natürlich Energieeffizienz in allen Bereichen.


"Neuorientierung in der Energiepolitik"

Was sind Ihrer Einschätzung nach die größten Hürden beim Ausstieg aus der Atomenergie?

Die EU fördert die Atomenergie einseitig im Rahmen des EURATOM-Vertrags - und das ist absolut inkazeptabel! Hier braucht es eine Neuorientierung in der Energiepolitik auf EU-Ebene.

Auch deshalb entwickeln Sie gemeinsam mit anderen europäischen Städten die Idee eines atomenergiefreien Europa weiter. Wie sieht diese Zusammenarbeit konkret aus?

Wir wollen mit vielen Partner-Städten gemeinsam gegen die Atomlobby vorgehen und die Alternativen zur Nuklearindustrie auf EU-Ebene forcieren. Es gibt bereits enge Kontakte mit zahlreichen europäischen Städten. Konkret unterstützen Wiens Anliegen bereits Antwerpen, Bergen, Frankfurt, Köln, Manchester, München und Nikosia. Viele weitere Städte - wie Genua, Zürich oder Nantes - sind an einer gemeinsamen Vorgangsweise in Sachen Atomausstieg interessiert.

In einer gemeinsamen Resolution der Städte fordern wir ein europaweites Moratorium für AKW-Neubauten, weiters die rasche Abschaltung aller Reaktoren, die keine Schutzhülle haben und im nächsten Schritt den europäischen Atomausstieg.

Zentral ist in der Resolution der Städte auch die Umlenkung der Gelder auf EU-Ebene weg von der Atomenergie hin zu den erneuerbaren Energieträgern und energieeffizienten Technologien.


"Kernenergie ist unbeherrschbar"

Die Risiken, die die Atomenergie birgt, sind seit langer Zeit bekannt. Wie haben Sie diesbezüglich die nukleare Katastrophe von Fukushima erlebt und bewertet?

Nicht erst seit den dramatischen Ereignissen von Fukushima wissen wir um die gefährlichen Auswirkungen der Nuklearenergie. Doch einmal mehr hat die Katastrophe verdeutlicht, wie unbeherrschbar die Technik tatsächlich ist. Bei Tschernobyl hat die Atomlobby noch davon gesprochen, es hätte sich um einen alten Reaktor sowjetischen Typs gehandelt - die japanischen Reaktoren seien modern und daher sicher. Absolut unrichtig, wie wir seit dem 11. März 2011 wissen. Fukushima hat einmal mehr bewiesen, wie dringend notwendig der europaweite Atomausstieg ist.

Erst vor wenigen Tagen luden Sie zu einem Anti-Atom-Gipfel ins Rathaus. Welche Hoffnungen knüpfen Sie an Initiativen dieser Art?

Ich setze stark auf die Vernetzung aller Anti-Atom-KämpferInnen und nütze jede Möglichkeit dazu, mit ihnen gemeinsam den europaweiten Atomausstieg voranzutreiben. Dabei ist mir die Kooperation mit den NGOs sehr wichtig. Gerade beim letzten Gipfel haben wir mit dem europaweiten Netzwerk gegen Atomkraft wieder einen wichtigen Schritt gesetzt.

Ein ganz zentrales Anliegen ist mir seit vielen Jahren das slowakische Atomkraftwerk Mochovce, das nur 160 km von Wien entfernt liegt und dramatische Sicherheitsmängel aufweist. Daher werde ich Ende April in Brüssel bei zahlreichen Terminen Lobbying in Sachen Anti-Mochovce betreiben - denn es geht um die Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder.

Interview: Ute Rossbacher

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