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"Wir Meteorologen sind wie Detektive"

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Weber: "Wir Meteorologen sind wie Detektive"

30.03.2012
"Wetter-Wastl" Sebastian Weber von ServusTV im Exklusiv-Interview mit relevant: über Superzellen, Windatlas und Klimaerwärmung.

Sebastian Weber hat sein Hobby zum Beruf gemacht: Der diplomierte Meteorologe alias "Wetter-Wastl" analysiert seit 2009 die Wetterlage im Alpen-Donau-Raum für ServusTV. In seinen Blog- und Twitter-Beiträgen versorgt der Experte interessierte Leser zusätzlich mit aktuellen Messwerten, Vorhersagen und Wissenswertem rund um für Jahreszeiten tyische und untypische Wetterereignisse.

relevant-Redakteurin Ute Rossbacher hat Sebastian Weber Einblick in seine Arbeit als Meteorologe gewährt.


relevant: Herr Weber, für ServusTV analysieren Sie die Wetterlage im Alpen-Donau-Adria-Raum. Eine "äußerst spannende Aufgabe", schreiben Sie dazu. Inwiefern?

Sebastian Weber: Der Alpenraum ist ein extrem komplexes Gebiet – weil er von allem etwas hat: Seen, Meer, große Flüsse, Täler, Ebenen und das wichtigste - BERGE!

All diese Dinge beeinflussen unser Wetter und machen es so spannend – oft auch unberechenbar für uns Meteorologen. Durch die Berge gibt es besondere Winde, wie zum Beispiel den Föhn. Der schafft es, unser Wetter binnen einer Stunde komplett umzudrehen – und bringt uns im Winter auch schon mal überraschende 20 Grad.

Wir Meteorologen sind wie Detektive, die in die Zukunft blicken. Das macht meinen Job für mich so interessant.


"Superzellen - da steigt mein Puls schlagartig"

In Ihrem Blog erklären Sie anschaulich und verständlich verschiedene Wetterphänomene. Welche davon faszinieren Sie besonders?

Superzellen! Das sind riesige Gewitterwolken. Wenn so eine am Wetterradar auftaucht, steigt mein Puls schlagartig. Mich beeindrucken die gewaltigen Kräfte, die da im Spiel sind. Wenn so eine Superzelle heranrauscht, glaubt man fast, die Welt geht unter.

Außerdem finde ich Blitze besonders faszinierend. Ein Blitz breitet sich mit unglaublichen 14 Millionen Stundenkilometern aus und hat eine enorme Energie – vergleichbar mit einer Tonne des Sprengstoffs TNT. Blitze können ohne weiteres Stahl durchschlagen. Und dann ist da noch diese unfassbare Hitze. Blitze sind bis zu 30.000 Grad heiß, im Vergleich: Die Sonne hat "nur" 6.000 Grad.

Nach Ihrem Studium in Innsbruck haben Sie im Umweltamt Salzburg gearbeitet und unter anderem einen Windatlas für das Bundesland Salzburg erstellt. Was darf man sich darunter vorstellen?

Kurz und einfach erklärt: Schadstoffe von Autos, Fabriken, Haushalten etc. verteilen sich in der Luft. Der Wind bestimmt, wohin die Schadstoffe ziehen. Daher ist es wichtig, zu wissen, welche Windrichtungen und Windgeschwindigkeiten wo vorherrschen. Das Umweltamt entscheidet aufgrund dieser Informationen, ob und wo neue Fabriken gebaut werden und auch, wie schnell wir fahren dürfen.

Ist die Luft-und Wind-Situation nämlich arg bedenklich, tritt der "IGL 100" in Kraft. Und dann sind auf den Autobahnen nur mehr 100 Stundenkilometer erlaubt – kennen wir ja alle!


"In Europa ist es um 1,3 Grad wärmer geworden"

Die Häufung extremer Wetterphänomene werden in Berichten immer wieder in Zusammenhang mit einem vom Menschen verursachten Klimawandel gebracht. Würden Sie das aufgrund Ihrer Beobachtungen und Recherchen bestätigen?

Eine Frage, die Meteorologen momentan häufig zu hören bekommen und die nicht mit einem einfachen Ja oder Nein zu beantworten ist.

Es ist halt kompliziert; Da gibt es zwar riesige Supercomputer, die unser Klima in den nächsten 50 Jahren berechnen und Tag und Nacht dafür arbeiten. Aber unsere Natur exakt wiederzugeben, das schaffen sie nicht. Es gibt einfach zu viele komplexe Zusammenhänge.

So kann keines dieser Klimamodelle exakt vorhersagen, was passiert, wenn ein Vulkan ausbricht, oder wenn Meeresströmungen sich ändern. Daher lässt sich nur grob abschätzen, ob der Klimawandel das Wetter immer extremer macht.

Aber - Fakt ist: In den letzten 150 Jahren ist es bei uns in Europa um 1,3 Grad wärmer geworden – also wärmer wird das Klima auf jeden Fall. Und durch diese Erwärmung ist eine Zunahme von Hitzewellen und extremen Temperaturen sehr wahrscheinlich. Möglicherweise knacken wir dann auch in Österreich die bisher noch unerreichbare 40-Grad-Grenze.

Soweit sich das aus Ihrer Sicht abschätzen lässt: Welche Wetterentwicklung erwarten Sie noch für das restliche Jahr in Österreich?

Ich wäre sehr mächtig, wenn ich das wüsste!


Interview: Ute Rossbacher


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