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"Mir liegen zeitgemäße Kulturthemen"

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relevant Redaktion

Meier: "Mir liegen zeitgemäße Kulturthemen"

30.03.2012
3sat-Moderatorin Andrea Meier im exklusiven Interview: ein Austausch über Kulturzeit, Kunst, Paris und Vorbilder.

Seit acht Jahren gehört Andrea Meier zur Stamm-Mannschaft des 3sat-Magazins "Kulturzeit", das als meistgesehene Kultursendung im deutschsprachigen Raum gilt. Darüber hinaus macht die in Zürich mit ihrem Mann und ihren beiden Töchtern lebende Journalistin Filme, malt und hat 2008 ihr erstes Kinderbuch "Prinzessin Ich", das sie auch illustriert hat, veröffentlicht.

Zwischen ihren vielseitigen Tätigkeiten und Aufgaben hat Andrea Meier Zeit gefunden, die Fragen von relevant-Redakteurin Ute Rossbacher zu beantworten.


Seit 2004 sind Sie als Moderatorin für das 3sat-Magazin "Kulturzeit" tätig, eine Sendung, die durch ihre inhaltliche Vielfalt besticht. Welche kulturelle Themen üben auf Sie persönlich eine besondere Faszination aus?

Andrea Meier: Kultur ist für mich vieldimensional. Ich liebe den transdisziplinären Blick und mag es, wenn ich Kulturthemen in einem größeren Gesamtkontext betrachten kann. "Kulturzeit" bietet mir diesbezüglich die allerbeste Möglichkeit. Dabei fühle ich mich manchmal wie ein Künstler mit einer unglaublich großen Farbpalette.

Mir liegen Kulturthemen, die zeitgemäß und nahe am Menschen dran sind. Das kann ein Thema sein aus der Kunst, genauso wie aus der Philosophie, der Literatur oder der Kulturpolitik.

Wenn beispielsweise der ehemalige französische Widerstandskämpfer Stéphane Hessel dazu aufruft, dass sich die Menschen "empören sollen" und sein Pamphlet sich weit über Frankreich hinaus und innerhalb von kürzester Zeit mehr als eine Million Mal verkauft, dann hat das eine gesellschaftliche und kulturpolitische Relevanz, die mich beschäftigt und über die ich gerne vertieft nachdenken und sprechen möchte.


"In die Weltenseele hineinhorchen"

Neben Ihrer journalistischen Arbeit haben Sie bereits Filme gemacht und 2008 Ihr erstes Kinderbuch "Prinzessin Ich", dessen Illustrationen ebenfalls aus Ihrer Feder stammen, veröffentlicht. Gleichzeitig scheinen Sie ein Faible für Mode und Farben zu haben. Woher rührt Ihre Liebe zum visuellen Ausdruck?

Formen und Farben beschäftigten mich schon sehr intensiv als Kind. Ich habe Steine, leere Schneckenhäuser und allerlei Naturmaterialien gesammelt, sie bemalt, Ketten und Bilder daraus gemacht. Das Spiel der Wandel- und Verwandelbarkeit hat mich angetrieben, immer wieder Neues auszuprobieren. Später habe ich angefangen zu malen. Es fasziniert mich bis heute, in die Weltenseele hineinzuhorchen und ihrem inneren Gefühlszustand einen Ausdruck zu geben - zum Beispiel durch die Malerei. Vielleicht hat das meinen Sinn für Ästhetik, für Farben, Formen und eben auch die Mode geprägt.

Andererseits ist die modische Kultur eine Bewusstseinskultur, die den Menschen schon seit Urzeiten beschäftigt. Neben der Sprache und der Schrift waren für ihn Farben und Formen schon immer elementar. Er konnte damit seiner Identität ein Gesicht geben, im weitesten Sinne sein eigenes, lebendiges Kunstwerk werden.

Sie haben bereits für diverse Radio- und Fernsehstationen im deutschsprachigen Raum gearbeitet, eine Zeit lang auch von Paris aus gearbeitet. Welchen Eindruck haben diese Stadt und ihre Menschen bei Ihnen hinterlassen?

Honoré de Balzac sagte einmal: "Paris ist wie ein veritabler Ozean. Man kann ihn ausloten, so viel man will, und wird doch niemals herausbekommen, wie tief er ist". Ich komme in dieser Stadt immer wieder als Heimkehrende an und gehe als Fremde. Paris hat so unglaublich viele Seiten an sich. Die Stadt ist ein bisschen wie eine launisch-liebenswerte "Grande Dame", mit der man es sich allerdings auch kräftig verscherzen kann. Meistens ist sie aber gut gelaunt und hinterlässt auch in ihrem hohen Alter einen funkelnden Charme, von dem man sich gerne verführen lässt.

Trotz aller Romantik darf man bei der Banlieue-Problematik nicht wegschauen. Sie gehört nach wie vor zu den gravierendsten Gesellschaftsproblemen Frankreichs. Auch die Menschen an den Rändern haben es verdient, dass man sie hört.

In einem Interview sagten Sie: "Weiblichkeit muss unbedingt gelebt werden, dafür plädiere ich". Welche Frauen verkörpern diese Weiblichkeit Ihrer Ansicht nach auf ansprechende Weise?

Ich habe keine klassischen Vorbilder, genau so halte ich es auch in der Mode. Ich lasse mich gerne inspirieren, aber nichts diktieren. Das ist eine rein intuitive Sache. Auf Ihr Zitat angesprochen würde ich heute vielleicht sagen: Lassen sie es uns nicht so genderspezifisch sehen. Das wichtigste ist, man ist bei sich selbst.


"Ein wichtiges Thema: Mut"

Ihr Kinderbuch "Prinzessin Ich" haben Sie für Ihre beiden Töchter Louisa und Youna geschrieben. Es vermittelt Kindern die bereichernde Erfahrung, mit anderen Menschen zu teilen. Was hätte wohl ein Kinderbuch, das Sie heute schreiben, zum Thema?

Das Thema "Teilen" ist nach wie vor aktuell und wird es wohl immer bleiben. Ein wichtiges Thema, übrigens nicht nur für Kinder, finde ich, ist das Thema "Mut". Ich bewundere couragierte Menschen, die sich trauen, vor versammelter Mannschaft Ungerechtigkeiten anzusprechen und sich für Schwächere einzusetzen. Es gibt noch einige ungelesene Manuskripte und Zeichnungen in verschlossener Schublade. Ich habe fest vor, sie bald wieder mal aufzuschließen.

Interview: Ute Rossbacher



Buchtipp

Andrea Meier Prinzessin Ich - Berlin Verlag


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