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Nada Surf: "Amerika ohne Obama verloren"

Isabel Schiffler/Picture Alliance/picturedesk.com

relevant Redaktion

Nada Surf: "Die USA wären ohne Obama verloren"

23.01.2012
Nada Surf sprechen frei von der Leber weg - über ihr neues Album, das Musikbusiness, Obama und Florence + The Machine.

Zwei Jahrzehnte gibt es die New Yorker Alternative-Rockband Nada Surf nun bereits – zwei Jahrzehnte, die für sie voller Höhen und Tiefen, Liebe und Rock'n'Roll waren. Mit dem neuen Album "The Stars Are Indifferent to Astronomy" sind sie gefragter denn je, Welttournee inklusive (am 22. Februar treten sie im Linzer Posthof auf).

Am 21. Jänner gaben sie sich beim FM4-Geburtstagsfest die Ehre, wenige Stunden zuvor bat relevant-Journalist Manuel Simbürger Daniel Lorca (Bass) und Ira Elliot (Schlagzeug) zum Interview.


In ein paar Stunden tretet ihr beim FM4-Geburtstagsfest auf. Freut ihr euch schon?

Daniel Lorca: Oh mein Gott, und wie wir uns freuen! Ich bin schon echt nervös, mir zittern die Knie! Das wird eine Riesen-Party, geschlafen wird heute Nacht nicht viel.

Ira Elliot: Unser neues Album kommt nächste Woche auf den Markt, gleichzeitig beginnt auch unsere Welttournee. Die FM4-Birthday-Party ist also ein Warm-Up dafür, weil wir zuvor noch nie unsere neuen Songs live gespielt haben.

Freut ihr euch auf die Tour?

Daniel: Sehr. Leider wurde uns unser Tourmanager gestohlen ...

Ira: ... von einer Band, die nicht genannt werden soll ... Florence + The Machine. Was für eine bitch! Ich hasse Florence + The Machine!

Wieso?

Ira: Ihre Stimme geht mir gewaltig auf die Nerven. Sie ist gut im Halten von langen Noten, aber sie singt sehr flach. Ich hoffe für sie, dass sie Gesangsstunden nimmt. Sie weiß selbst, dass sie Gesangsschwächen hat.

Daniel: Und wenn nicht, weiß sie es spätestens nach diesem Interview.

Ira: Wenn bei ihr schon alles groß und episch sein muss, sollte man auch richtig singen können. Jedem scheint das jedoch egal zu sein außer mir. Aber hören wir besser auf damit, ich könnte mich das gesamte Interview über Florence + The Machine aufregen!

Daniel: Immerhin schmückt sie ihre Bühne mit schönen Blümchen.


"Fans finanziell über den Tisch gezogen"

Wenn wir schon dabei sind: Was haltet ihr von der Musikindustrie?

Daniel: Gibt es überhaupt eine? Dass sich die US-amerikanische Musikindustrie im Fall SOPA und PIPA geschlagen geben musste, spricht für sich. Film- und Musiklabels haben viel zu lange in der Vergangenheit gelebt, haben die technischen Fortschritte ignoriert. Jetzt werden sie natürlich nervös, weil sie ihre großen Gewinne nicht mehr einstreifen können. Internet-Riesen wie Google oder Wikipedia haben zu einer Machtverschiebung geführt.

Ira: Richtig. Aber ehrlich gesagt verstehe ich auch die Seite der Platten- und Filmfirmen. Denn Online-Piraterie ist ein großes Problem.

Daniel: Natürlich. Aber das, was die abziehen, ist nicht in Ordnung. Hier werden Fans gnadenlos finanziell über den Tisch gezogen!

Hast du eine Lösung parat?

Daniel: Man sollte die Fans selbst aussuchen lassen, wie viel sie für einen Song oder eine Platte zahlen möchten. Radiohead hat diese Strategie 2007 verfolgt, und sie funktionierte großartig. Denn Fans sind mehr als bereit, ihre Band zu unterstützen. Warum sollten sie Plattenfirmen das Geld in den Arsch stecken, nur damit deren Angestellte in tollen Hotels essen und in Limousinen fahren können?! Die Fans müssen wissen, wohin das Geld geht – nämlich zur Gänze an die Band selbst.

Klingt idealistisch.

Daniel: Nein! Ich bin selbst Fan von vielen Musikern und möchte diese aktiv unterstützen. Ich stehe immer wieder auf der Gästeliste von Konzerten, was ich aber stets ablehne. Denn ich will für das Konzert zahlen, möchte der Band helfen! Ich kaufe auch liebend gerne Fanartikel, solange die Band selbst das Geld bekommt.


"Perverse Geld-Dimensionen"

Du kannst also immer noch Fan sein, obwohl du ein Star bist?

Daniel: Wir alle sind mehr Fans als Musiker! (lacht) Matthew ist ein wahrer Musikkenner. Er hat mich auf viele tolle Bands aufmerksam gemacht, z. B. The Pixies oder Jane's Addiction.

Ira: Eigentlich hasse ich Musik. (blickt ernst, dann lacht er)

Auch Amy Lee von Evanescence hat mir in einem Interview gestanden, dass sie vom Musikbiz sehr genervt ist, weil es nur noch ums Geld, nicht aber um die Kreativität geht ...

Ira: Da kommt sie aber früh drauf! Es war nie anders.

Daniel: Eine Plattenfirma sagt dir, sie investieren in dein kreatives Wachstum? Bullshit!

Kleiner Themenwechsel: Metallica hat zugegeben, ihre Welttournee von 2013 auf dieses Jahr vorverschoben zu haben, um der Eurokrise zu entgehen und mehr abcashen zu können. Eure Meinung dazu?

Daniel: Unfassbar! Sollte es wirklich zur Eurokrise kommen, wird es vielen Menschen sehr schlecht gehen. Ein Künstler sollte dann seine Aufgabe wahrnehmen und dem Publikum in solch schlechten Zeiten eine kleine Abwechslung bieten. Metallica könnten es sich leisten, Tickets billiger zu verkaufen oder sogar gratis aufzutreten. Natürlich müssen auch wir von etwas leben. Aber wir zocken unsere Fans nicht ab. Wir wären nichts ohne unsere Fans.

Ira: Big Players wie Metallica haben jedoch u. a. gigantische Bühenshows, die sie finanzieren müssen. Das darf man nicht vergessen.

Daniel: Come on, man! Metallica haben bei unserem alten Label Elektra einen 30 Millionen-Dollar-Deal abgecasht! Diese Typen brauchen kein Geld, egal, wie groß ihre Bühnenshows sind! Solche Geld-Dimensionen sind pervers. Wir sprechen hier von einer Flasche Wein, die ein Monatsgehalt anderer Menschen kostet. Hier wird die Realität beinhart ignoriert. Wo bleibt das Mitgefühl?


"Persönliche Politik"

Ist Nada Surf eine politische Band?

Daniel: Sogar sehr. Es geht uns jedoch eher um die persönliche Politik. Was kann jeder einzelner tun, um die Welt besser zu machen? Matthew singt in seinen Texten darüber: Es ist manchmal frustrierend, nicht der gute Mensch sein zu können, der man sein möchte.

Ira: Alles beginnt bei sich selbst. Jeder kann ein guter Mensch sein.

Wird Obama die Präsidentschaftswahl gewinnen?

Ira: Ja, aber er wird nur mit sehr knappem Vorsprung gewinnen. Hoffen wir es, schließlich ist es Obama gelungen, dass es der amerikanischen Wirtschaft wieder etwas besser geht. Leider sind ihm die Hände gebunden.

Daniel: Die USA wären ohne Obama verloren! Dieses Thema deprimiert mich.


"Menschen im Universum unbedeutend"

Dann lasst uns zum Abschluss über euer Album sprechen. Was bedeutet der Titel "The Stars Are Indifferent to Astronomy"?

Daniel: Es ist eine Lebensweisheit von Matthews Vater, einem Philosophieprofessor. Es soll einen daran erinnern, demütig zu sein. Wir Menschen sind im Universum unbedeutend. Den Sternen, den Planeten und den Bergen ist es egal, welche Namen wir ihnen geben.

Ira: Die Natur widersetzt sich unserem Versuch, sie in ein Konzept zu pressen. Sie beweist uns immer wieder, dass wir so vieles nicht verstehen.

Glaubt Ihr an ein übergeordnetes Ganzes?

Daniel: Das übergeordnete Ganze definiert sich vor allem darin, ob du daran glaubst oder nicht.

Künstler beschreiben ihr neuestes Album sehr gerne als ihr bestes ...

Ira: Unser neues Album ist das beste, das wir dieses Jahr veröffentlichen. (lacht) Wir alle konnten uns auf "The Stars" verwirklichen, wir gehen wieder zu unseren Anfängen zurück. Es ist ein sehr frisches Album. Wenn es nicht perfekt ist, dann ist es nahe dran. Hat man "Let Go" gemocht, wird man diese Platte lieben.

Daniel: Ira for President! (lacht schallend)

Interview: Manuel Simbürger


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