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Irak: Amerika geht, der Krieg bleibt

Lucas Joackson/EPA/picturedesk.com

relevant Redaktion

Irak: Amerika geht, der Krieg bleibt

01.02.2013
Was als kurzer militärischer Einsatz geplant war, wurde zum Krieg und dauerte acht Jahre lang. Am Ende bleiben hohe Verluste. Schmerzhaft sind jedoch nicht jene finanzieller Art.

Durch die politischen Umbrüche in Ägypten oder den Bürgerkrieg in Syrien ist der Irak in den vergangenen Monaten zusehends in den Hintergrund gerückt. Mit dem (heutigen) "Freitag der Standfestigkeit" rief sich die Bevölkerung des Landes wieder in Erinnerung. Denn für die überwiegend sunnitischen Demonstranten ist der persönliche Einsatz für demokratische Reformen und die Freilassung unschuldiger Häftlinge noch lange nicht beendet.   

Als die New York Times Ende des vorletzten Jahres "Irak-Krieg (2003 - 2011)" titelte, traf das auf die USA zu. Der Irak, den die letzten 4.000 US-Soldaten zu jenem Zeitpunkt gerade verließen, blieb hingegen Kampfzone. Denn jene Bürger, die aus Hoffnung auf eine bessere Zukunft ihres Landes mit den Amerikanern kooperierten, gelten - bestätigt Reiner Luyken von Die Zeit - als vogelfrei: "Gefährdet sind vor allem die von den Amerikanern zurückgelassenen Dolmetscher, Helfer und Lokalpolitiker, ohne deren Unterstützung die Besatzungsmacht nie hätte auskommen können."

 

Kampfzone Irak

Von der Erleichterung, Saddam los zu sein, ist nicht nur deshalb wenig geblieben. Die gewaltsamen Konflikte zwischen den Bevölkerungsgruppen Schiiten, Sunniten und Kurden erschüttern den Irak. "Dass die Amerikaner diesen Krieg nicht verhindert haben, dafür wird man sie noch lange verantwortlich machen", ist sich Inga Rogg von der Neuen Zürcher Zeitung sicher.

In seinem Gastkommentar für Der Tagesspiegel präzisiert der politische Forscher Guido Steinberg: "Besonders problematisch ist der schwelende Konflikt zwischen Arabern und Kurden. Die Kurden hatten von Anfang an auf ein Bündnis mit den USA gesetzt und sich als deren loyalster Unterstützer in der irakischen Politik erwiesen." Hinzu komme, dass der schiitische Regierungschef seinem sunnitischen Koalitionspartner politische Ansprüche verwehre.

Gudrun Harrer von Der Standard schränkt an dieser Stelle ein: "Das eigentliche Problem ist nicht ein autoritärer Präsident oder Premier, sondern der schwache Staat und die schwachen Institutionen."

Anders als der Krieg ist aus Sicht der US-Regierung der politische Einsatz im Irak daher auch noch nicht beendet: "Die USA werden dort militärisch präsent bleiben, schon wegen der ungeschmälerten strategischen Bedeutung der Region und mit Blick auf das Hegemoniestreben und die Atomwaffenambitionen Teherans", erläutert Klaus Dieter Frankenberger von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

Und Frank Hermann von der Südostschweiz weiß: "Die Amerikaner bleiben mit Tausenden Diplomaten in Bagdad, in der größten Botschaft, die sie jemals bauen ließen."

 

Das Leben danach

Jene US-Soldaten, die unterdessen aus dem Irak heimgekehrt sind, erwarten Probleme anderer Art, die Vincenzo Capodici von der Basler Zeitung umreißt: "Mit 11,7 Prozent liegt die Arbeitslosenrate der Irak-Veteranen deutlich über dem nationalen Durchschnitt von 8,6 Prozent. Bei den 20- bis 25-Jährigen, die oft direkt von der Highschool zum Militär gingen, liegt die Arbeitslosenquote bei 30 Prozent." Viele erkrankten an Depressionen, litten an posttraumatischen Störungen oder nähmen sich das Leben. Auch sie bleiben sich selbst überlassen.

Das Ergebnis eines Krieges, an dessen Ausgangspunkt Florian Rötzer von heise.de noch einmal zurückgeht: "Mit falschen Behauptungen haben sie (die Amerikaner, Anm.) schon Tage nach dem 11.9. 2001 geplant, den Diktator zu stürzen, um Zugriff auf die großen Ölressourcen des Landes zu erhalten und ein wenig unabhängiger von Saudi-Arabien zu werden."

 

Hoher Preis für wenig Freiheit

Der Preis dafür ist hoch: 700 Milliarden Dollar - so Vincenzo Capodici (Basler Zeitung) - soll der Irak-Einsatz den US-Steuerzahlern gekostet haben. Der jedoch durch den Preis, der für die vermeintliche Freiheit gezahlt wurde, in den Schatten gestellt wird: die zigtausenden Zivilisten, die ihr Leben verloren. Und die rund 4.500 Soldaten, die fielen.

Ute Rossbacher

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