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Rebekka Bakken: "Sehnsucht nach Wien"

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relevant Redaktion

Rebekka Bakken: "Habe Sehnsucht nach Wien"

02.12.2011
Die norwegische Sängerin spricht mit relevant-Autor Manuel Simbürger über ihre Liebe zur Musik, ihre einstige Wahlheimat Wien und den Sinn des Lebens.

Am 5. Dezember wird die Country-Jazz-Blues-Sängerin Rebekka Bakken im Wiener Konzerthaus das Publikum einmal mehr mit ihren melancholischen Songs verzaubern.

Für die in Oslo geborene Sängerin ist ein Konzert in Österreich so etwas wie eine Heimkehr: Denn Ende der 1990er Jahre lebte sie für mehrere Jahre in Wien und startete hier auch ihre Karriere. 2007 wurde sie mit dem Amadeus Music Award in der Kategorie "Nationales Jazz/Blues/Folk-Album des Jahres" ausgezeichnet. Ihr aktuelles fünftes Album "September" erreichte den zwölften Platz der heimischen Charts.


Ich habe gelesen, du magst es nicht, über dich oder deine Musik zu sprechen. Worüber möchtest du denn reden?

Rebekka Bakken: Tatsächlich?

Ja – stimmt das etwa nicht?

Ich glaube, das wurde aus dem Kontext gerissen. Vielleicht war es auch nur ein dummer Journalist (lacht laut) Im Ernst: Ich rede gerne über meine Musik. Aber es ist ein Unterschied, Musik zu machen oder nur darüber zu reden. Ich bin Vollblutmusikerin.

Dein Musikstil ist schwer einzuordnen. Wie würdest du deine Musik beschreiben? Ich glaube, du magst es nicht, wenn man dich als Jazzmusikerin bezeichnet ...

Ich frage mich eher, wieso Leute so sehr darauf fokussiert sind, was ich NICHT mag. Ich konzentriere mich viel lieber auf die positiven Dinge im Leben und in der Musik.


"Musik bedeutet Kommunikation"

OK, dann versuchen wir es andersherum: Was liebst du am Musik-Machen?

Musik ist meine ganz persönliche Art, mich auszudrücken. Sie vermittelt mir Lebensfreude und Befriedigung. Mit meiner Musik entdecke ich Seiten an mir, die ich zuvor nicht kannte.

Gibt es eine universelle Message hinter deinen Songs?

Kommunikation auf verschiedenen Ebenen. Musik verbindet Menschen. Ohne meine Musik würden wir hier jetzt nicht sitzen und uns unterhalten. Menschen sollten mehr miteinander kommunizieren, und Musik kann da helfen.

Wann hast du begonnen, Musik zu machen?

Ich habe von klein auf kommuniziert. Musik ist die Sprache meiner Familie, wir haben über die Musik miteinander kommuniziert. Ich denke, dass es deshalb bei uns zuhause sehr wenig Streit gab.

Im Studio ist es ähnlich: Wenn man zusammen an einem Song arbeitet, hat man automatisch eine Verbindung zu dem anderen Menschen. Auch wenn man diesen gar nicht kennt. Das ist wunderschön.

Zum anderen muss ich zugeben: Ich bin generell froh, etwas im Kunstbereich machen zu dürfen. Mit dem Malen würde es bei mir nicht klappen! (lacht)


"Auf das Wesentliche konzentrieren"

Dein neues Album "September" ist country-lastiger als seine Vorgänger ... beabsichtigt?

Ich selbst kann das schwer beurteilen. Was aber sicherlich stimmt, ist, dass das Album sehr simpel gehalten ist, auf das Wesentliche konzentriert. Und es steckt mehr von mir selbst drin als jemals zuvor: Das erste Mal habe ich selbst Klavier gespielt.

Wie war das für dich?

Fantastisch! Die Produzenten haben mich davon überzeugt, es auszuprobieren. Anfangs war ich sehr verunsichert, aber am Ende hat es toll geklappt. Als Künstler wünscht man sich natürlich, mit mehreren Medien, in meinem Fall Stimme und Klavier, arbeiten und kommunizieren zu können.

Kurz vor den Aufnahmen zu "September" ist dein Vater verstorben. Hat dieser Vorfall das Album stark beeinflusst?

So würde ich es nicht sagen, auch wenn Journalisten das immer wieder behaupten. Aber es stimmt, die Zeit, in der es meinem Vater nicht mehr gut ging und ich mich um ihn gekümmert habe, hat etwas in mir ausgelöst. Ich habe begriffen, dass es ein Privileg ist, sich um einen anderen Menschen kümmern zu dürfen. Es macht das eigene Leben um so vieles sinnvoller. Während dieser Zeit habe ich ernsthaft überlegt, mit der Musik aufzuhören und stattdessen eine medizinische Ausbildung zu machen. Dann habe ich aber gemerkt, dass ich diese Aspekte in die Musik einbringen kann. Es geht nicht darum, geliebt zu werden, sondern selbst zu lieben.


"Ausgeglichen, um unausgeglichen zu sein"

Mein absoluter Lieblingssong des Albums ist "Driving". Du klingst hier um eines verführerischer als gewöhnlich ...

(lacht laut) Ja, es ist schließlich auch ein sehr sexy Song! Es geht darum, sich zu nehmen, was man möchte, ohne Angst oder Risiken. Es war toll, an so einem Song zu arbeiten, weil er sich sehr von meinen anderen Songs unterscheidet. Ich konnte endlich mal eine andere Seite von mir zeigen.

Meiner Meinung nach wirkst du auf der Bühne sehr ruhig und gelassen. Bist du das tatsächlich oder nur auf der Bühne?

Ich habe mittlerweile meine Balance im Leben gefunden, aber das war nicht immer so. Das hat wohl mit dem Alter zu tun. Als ich noch jünger war, war ich überhaupt nicht ausgeglichen – aber genau das ist nötig, um später diese Ausgeglichenheit zu finden.

Wünscht du dir manchmal, auf der Bühne so richtig die Sau rauszulassen? Auszuflippen wie Lady Gaga?

Ich kann ausflippen, eben weil ich so ausgeglichen bin. Ich brauche meine Ausgelassenheit, um auch mal verrückt zu sein, um Grenzen auszutesten. Es ist wichtig zu betonen: Ausgeglichenheit bedeutet nicht Langeweile. Ganz im Gegenteil. Bist du ausgeglichen, hast du alle Möglichkeiten der Welt.

Was Lady Gaga betrifft: Ich habe sie noch nie live gesehen. Aber manche Menschen machen wilde Dinge, weil sie sich selbst nicht unter Kontrolle und die Balance in ihrem Leben nicht gefunden haben.


"Nicht das Bedürfnis, dazu zu gehören"

Deine Musik unterscheidet sich sehr von anderen derzeit erfolgreichen Sängerinnen, wie Britney Spears, Rihanna oder eben Lady Gaga. Fühlst du dich da manchmal wie ein Außenseiter?

Nein. Jeder hat seine eigene Welt. Und ich hatte nie das Bedürfnis, irgendwo dazugehören zu müssen. Ich jage keinen Trends oder Styles hinterher. Außerdem denke ich, dass sich jeder irgendwann mal als Außenseiter fühlt.

Gibt es in der Welt das Verlangen nach großen Gefühlen in der Musik?

Auf jeden Fall. Das merke ich bei mir selbst. Ich habe eine enge Verbindung zu meinen Fans, die Emotion in meiner Musik verstärkt das noch zusätzlich. Sie bringen mir großen Respekt entgegen, das berührt und ehrt mich sehr.

Letzte Frage: Du hast für viele Jahre in Wien gelebt. Hat es dir hier gefallen?

Ich habe Wien geliebt! Aus irgendeinem Grund fühle ich mich hier daheim. In New York habe ich oft Sehnsucht nach Wien, ich würde es sogar Heimweh nennen. Ich komme öfter nach Österreich als nach Norwegen, wo ich herkomme. Das sagt wohl genug aus.

Interview: Manuel Simbürger

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