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Allerheiligen: Filmtipps für stille Tage

Kurt Kracher/picturedesk.com

relevant Redaktion

Filmtipps für stille Tage

01.11.2012
Allerheiligen, Allerseelen: Zeit für Filme, die im Herbst spielen, uns berühren oder für ein Lächeln sorgen.

 

Lieber Frankie (2004)

Frankie ahnt nicht, warum es seine Mutter Lizzy nie lange an einem Ort aushält. Der trotz seiner Gehörlosigkeit unbekümmerte Junge ist in Gedanken die meiste Zeit bei seinem Vater, einem Schiffsarbeiter der HMS Accra, der ihm regelmäßig aus aller Welt schreibt.

In Wahrheit jedoch steckt Lizzy hinter den Briefen des vermeintlichen Vaters, den sie nur erfunden hat. Vor dem eigentlichen nämlich ist die junge Frau auf der Flucht, nachdem er sie und Frankie, als dieser noch ein Baby war, brutal misshandelt hat.

In dem kleinen schottischen Hafenstädtchen, in dem sich Lizzy und Frankie zusehends einleben, scheint das Leben erstmals seit Jahren wieder in geordneten Bahnen zu verlaufen, bis der Junge eines Tages in der Zeitung eine sensationelle Entdeckung macht: Die HMS Accra wird in seiner neuen Heimatstadt vor Anker gehen.

Ein Schock für Lizzy, die - um ihren Sohn nicht vor vollendete Tatsachen stellen zu müssen – einen ungewöhnlichen Beschluss fasst ...

Der aus dem Jahr 2004 stammende Film von Shona Auerbach und Andrea Gibb erzählt eine berührende Geschichte mit heiteren Momenten, ohne in Pathos oder Kitsch abzugleiten. An dem Erfolg des mehrfach preisgekrönten Films haben auch die Darsteller Emily Mortimer, Gerard Butler und vor allem der zum Zeitpunkt des Drehs erst neun Jahre alte Jack McElhone wesentlichen Anteil.

 

Another Year (2010)

Am Rande von London führt das 60-jährige Ehepaar Gerri und Tom nach vielen gemeinsamen Jahren immer noch eine liebevolle Ehe. Der Film begleitet die beiden durch ein Kalenderjahr und fängt in stimmungsvollen Bildern den heimeligen Alltag der beiden ein.

Schnell wird klar, dass Tom und Gerri nicht nur ein liebevolles Verhältnis zu ihrem erwachsenen Sohn Joe pflegen, sondern zentrale Zufluchtsstätte für ihre gestrandeten Freunde sind. Zu denen auch Mary - langjähriger Dauergast der Familie - zählt, die seit ihrer Scheidung ihre Einsamkeit im Alkohol ertränkt.

Geduldig hören sich Gerri und Tom die Frustgeständnisse ihrer kinderlos gebliebenen Freundin an, die sich in ihrer Verzweiflung zusehends an den noch alleinstehenden Joe klammert. Dieser jedoch versteht es, sich den beharrlichen Annäherungsversuchen der deutlich älteren Mary taktvoll zu entziehen.

Ihre Stimmung kippt daher, als Joe ihr und seinen Eltern eines Tages seine junge Freundin Katie vorstellt ...

Regisseur Mike Leigh ist im vergangenen Jahr mit "Another Year" ein einfühlsamer Film über Beziehungen, Freundschaften und weibliche Verwundbarkeit gelungen, der unspektakulär, lebensnah und –klug Episoden aus dem wahren Leben erzählt.

 

Mein bester Freund (2006)

Zwei Männer, die gerne einen besten Freund hätten, wennauch aus unterschiedlichen Gründen:

Da ist Bruno, der freundliche Taxifahrer, der hilfsbereit, aufmerksam und beliebt bei den Nachbarn ist, allerdings wieder bei seinen Eltern lebt, nachdem ihn seine Freundin mit seinem besten Freund betrogen hat. In seinem ehemaligen Kinderzimmer vertreibt sich der Einzelgänger die Zeit damit, sich möglichst viel Wissen anzueignen, um eines Tages in der Sendung "Wer wird Millionär?" teilnehmen zu können. Was ihm aufgrund seines chronischen Lampenfiebers bisher verwehrt geblieben ist.

Da ist auf der anderen Seite der wohlhabende Antiquitätenhändler Francois, der wegen seines verbissenen Ehrgeizes gänzlich unbeliebt ist und keine Freunde hat. Dafür ist er schon einmal bereit, für eine begehrte und wertvolle Statue eine absurde Wette einzugehen: zum Beispiel, seiner Geschäftspartnerin zu beweisen, dass er ihr binnen zehn Tagen seinen besten Freund präsentieren werde.

Die Suche nach einem vermeintlichen Kompagnon gestaltet sich allerdings schwieriger als gedacht, wie Francois feststellen muss. Der fest daran glauben will, dass man Freunde mit Taktik und Kalkül gewinnt.

Eines besseren belehrt wird er, als er bei einer Taxifahrt durch Paris zufällig im Wagen von Bruno zu sitzen kommt. Aus der unverbindlichen Unterhaltung zwischen den beiden ungleichen Männern entspinnt sich schon bald eine freundschaftliche Beziehung. Meint zumindest Bruno, der nicht ahnt, dass er Teil einer üblen Wette ist ...

Dem französischen Regisseur Patrice Leconte ist eine kurzweilige Komödie mit gefühlvollen Momenten gelungen; als glorreiches Männergespann überzeugen Daniel Auteuil (Francois) und Dany Boon (Bruno).

 

Das Schmuckstück (2010)

Es ist Herbst im Jahr 1977 in Frankreich. Suzanne Pujol führt an der Seite ihres Mannes Robert, der die Leitung der Regenschirmfabrik seit dem Tod seines Schwiegervaters innehat, einen ereignislosen Alltag, den sie sich mit Gedichteschreiben vertreibt. Auch, um sich von den Sorgen um ihre Kinder abzulenken: Ihre Tochter Joëlle ist ihres Alltags als zweifache Mutter und Ehefrau überdrüssig, ihr Sohn Jérémie versucht sich planlos als Künstler mit politischer Botschaft.

Als der tyrannische Robert, der seine Frau seit Jahren mit der Sekretärin betrügt und sich in noblen Amüsierklubs vergnügt, unerwartet erkrankt, ist Suzanne gezwungen, vorübergehend die Führung des väterlichen Unternehmens zu übernehmen. Dabei bringt sie nicht nur neuen Schwung in den Betrieb, sondern trifft auch auf ihre alte Liebe: Maurice Babin, den kommunistischen Bürgermeister der Gemeinde, der die Anliegen der streikenden Fabrikarbeiter unterstützt ...

Francois Ozon hat im Jahr 2010 mit dieser nostalgischen Komödie nicht nur ein filmisches Tribut an die 70er-Jahre gezaubert, sondern dieses mit Catherine Deneuve und Gérard Depardieu auch ideal besetzt.

 

Weitere Filmtipps

Lügen und Geheimnisse (1996) von Mike Leigh: Die junge Optikerin Hortense aus London will nach dem Tod ihrer Adoptivmutter ihre leibliche - Cynthia Rose Purley - ausfindig machen. Genau im richtigen Moment: Denn Cynthia steckt in einer tiefen Krise ... ein gefühlvoller Film über Mutter-Tochter-Beziehungen mit einem ermutigenden Ende.

Tango-Fieber (1997) von Sally Potter: Die Filmemacherin Sally verliebt sich in den berühmten Tango-Tänzer Pablo Verón. Um einen Zugang zu seiner Welt zu finden, will sie den Tango erlernen, stößt jedoch an ihre Grenzen. Verzweifelt reist sie nach Argentinien und entdeckt neben dem Tango auch ungeahnte neue Seiten an sich ... ein Liebesfilm mit wenig Worten, dafür umso mehr Aura.

Sie sind ein schöner Mann (2005) von Isabelle Mergault: Der hölzerne Landwirt Aymé sucht nach dem Tod seiner Frau eine Arbeitskraft für seinen Hof. Und findet in der alleinerziehenden Mutter Elena aus Rumänien unerwartet viel mehr als das ... unterhaltsam und rührend.

Looking For Eric (2009) von Ken Loach: Den Postbeamten Eric plagen viele Sorgen - seine beiden Stiefsöhne oder seine alte Liebe Lily, die er einst mit der gemeinsamen Tochter sitzen ließ und nie überwunden hat. Zum Glück aber gibt es noch Manchester United und sein Idol Eric Cantona! Der Eric einiges Tages nicht nur leibhaftig gegenübersteht, sondern ihm hilft, sein Leben von Grund auf zu ordnen ... liebevoll inszenierter Film mit überzeugenden Darstellern und einem starken Auftritt von Eric Cantona.

Der Name der Leute (2011) von Michel Leclerc: Bahia, eine junge Französin mit algerischen Wurzeln, und Arthur, ein älterer Franzose mit jüdischen Vorfahren, verlieben sich ineinander und arbeiten gemeinsam die Wunden ihrer Familien auf. Doch zuvor gibt es für die beiden einige Hürden zu nehmen. Denn während Arthur gelernt hat, zu schweigen und zu verdrängen, sucht Bahia das offene Gespräch ... ein nachdenklicher Film, sensibel erzählt.

Kann das Liebe sein? (2007) von Pierre Jolivet: Der Geschäftsmann Lucas, der alles und jeden unter Kontrolle hat, verliebt sich in die chaotische Künstlerin Elsa, die - wie er - in der Lebensmitte steht. Großen Gefühlen steht Lucas seit seiner Scheidung skeptisch gegenüber und leistet sich bei der Annäherung an Elsa einige kapitale Fehler ... Vincent Lindon und Sandrine Bonnaire in einer herbstlichen Liebeskomödie.

Ute Rossbacher

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