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Apple unter Cook: Was bleibt von Jobs?

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relevant Redaktion

Apple unter Cook: Was bleibt von Steve Jobs?

25.09.2012
Seit gut einem Jahr steht Tim Cook an der Spitze des Apple-Konzerns. In welche Richtung sich das Unternehmen ohne Steve Jobs entwickelt - eine Zwischenbilanz und ein Ausblick.

Bereits bei der Präsentation des iPhone 5 am 12. September 2012 wurde die Handschrift von Apple-Chef Tim Cook deutlich sichtbar: Anders als Steve Jobs, der in all den Jahren zuvor als Solist auftrat, präsentierte sich sein Nachfolger mit seinem Team auf der Bühne. Diese Geste, wie auch die Tatsache, dass bereits im Vorfeld Angaben zum neuen iPhone im Umlauf waren, zeigen, dass bei Apple neue Zeiten angebrochen sind.

Das Fazit von Reuters fällt nicht zuletzt deshalb durchaus positiv aus: "Tim Cook ist kein Steve Jobs. Aber wie die Präsentation des iPhone 5 bewies, muss das nicht das Schlechteste sein."

Denn während Jobs unter Mitarbeitern zwar bewundert aber mehr noch gefürchtet worden sei, erweise sich Cook als umgänglicher Kollege.

Ungeachtet des bahnbrechenden Erfolgs des neuesten iPhone-Modells beschleichen Sasan Abdi von ComputerBase dennoch Zweifel: "Bleibt Apple einer der größten und erfolgreichsten Spieler oder versackt es der gängigen 'fat-and-lazy'-Theorie nach stattdessen in der bloßen Neuauflage von gängigen Produkten?"

 

Was wird aus Apple?

Das erste Jahr der Ära Cook lässt zumindest vermuten, dass dieser eher auf solide Weiterentwicklung der Produkte denn auf Visionen setzt. Damit will sich zumindest Georg Pichler von Der Standard nicht zufrieden geben: "Nach den Maßstäben, die Apple bislang gesetzt hat, ist es zu wenig, ein Produkt einfach nur weiterzuentwickeln."

Nicht wenige Kommentatoren hatten sich bereits nach Jobs' Rückzug aus dem Geschäft wenige Wochen vor seinem Tod mental auf dieses Szenario eingestellt. Einer von ihnen - Scott Steinberg vom Magazin Rolling Stone: "Das bedeutet wirklich das Ende einer Ära."  

Dass das Unternehmen damit seine Vorreiterrolle über kurz oder lang einbüßen wird, stand aus Sicht von Astrid Maier und Christian Rickens vom manager magazin daher außer Frage:

"Apple dürfte das ganz normale Schicksal der meisten Konzerne bevorstehen, die einst als Nabel der Tech-Welt galten: Sie erleben ein, zwei großartige Dekaden, die meist mit dem Wirken einer charismatischen Führungsfigur zusammenfallen. Doch auf Technologieführerschaft, rasantes Wachstum folgen Arroganz und Überheblichkeit - und schließlich Jahre der Agonie."

Nicholas Jackson von The Atlantic hält derlei Einschätzungen standhaft entgegen: "Tim Cook ist nicht Steve Jobs. Aber er hat von dem Besten gelernt, es ihm gleichzutun. Und wenn er schon scheitern sollte, wäre es bereits längst geschehen."

 

Apples Zukunft mit Cook

Scheitern ist übrigens ein selten verwendetes Wort im Vokabular des 51-jährigen Cook, der in der Vergangenheit als Technik-Verantwortlicher zu Jobs' Vertrauensmann wurde. Und das zu Recht, erinnert Axel Postinett vom Handelsblatt in einem Artikel für die WirtschaftsWoche: "Tim Cook ist ein Macher. Wenn es das Verdienst von Steve Jobs ist, dass Apple mit seinen Visionen die Welt verändert hat, ist es Cooks Verdienst, dass diese Visionen in Form fertiger Produkte auch bei den Kunden angekommen sind."

Ein Erfolg, der sich auch in den jüngsten Bilanzen des Konzerns widerspiegelt, die durch den weltweiten Ansturm auf das iPhone 5 die Erwartungen bei weitem übertreffen.

Dass der Versuch gelingt, auch in Zukunft innovativ zu bleiben, davon ist Jobs' einstiger berufliche Weggefährte Jay Elliot im Gespräch mit Die Zeit nicht abzubringen: "Steve hat ein hervorragendes Team, das seine Vision teilt und diese auch ohne ihn umsetzen wird."

 

Konkurrenz im Nacken

Daran besteht nach einem Jahr mit Cook an der Konzernspitze kein Zweifel. Mehr beschäftigt jedoch die Frage, ob es ihm gelingt, eigene Visionen à la Jobs zu entwickeln. Zumal die Konkurrenz nicht schläft.

So könnte am Ende Apple noch einmal einholen, was Steve Jobs 2004 in einem Interview mit dem Rolling Stone in Bezug auf die Konkurrenz bemerkte: "Microsoft und IBM sind Mainstream. Und viele Menschen, die darüber lieber nicht zu viel nachdenken wollen, werden einfach weiterhin ihr Produkt kaufen. Jene haben eine Marktbeherrschung erreicht, die so enorm ist, dass es der Branche schon schadet. Ich verwickle mich ungern in Diskussionen darüber, ob ihnen das mit fairen Mitteln gelingt oder nicht. Darüber zu urteilen obliegt anderen. Ich beobachte das Ganze nur und sage: Das tut unserem Land nicht gut."

Diese Kritik fällt mittlerweile auf Apple selbst zurück. Der Drang des Konzerns, eine alle Services abdeckende Apple-Welt für Kunden zu schaffen und über diesen Weg an vertraulichste Daten heranzukommen wie auch die Medienberichte über unmenschliche Arbeitsmethoden in Zuliefererbetrieben wie Foxconn haben Menschenrechtsorganisationen, Datenschützer und Kartellhüter mobilisiert.

 

Der Jobs-Effekt

Steve Jobs schien allerdings all die Jahre der Garant zu sein, Negativschlagzeilen und Kritik schnell durch verheißungsvolle Prognosen und Produkte vergessen zu machen. Dass das Apple auch ohne ihn kann, wollte er bei seinem letzten öffentlichen Auftritt vermitteln: "Ich glaube, die leuchtendsten und innovativsten Tage liegen noch vor Apple."

Nach einem Jahr hat Tim Cook unter Beweis gestellt, dass er Apple erfolgreich zu führen vermag. Ob es ihm gelingen wird, Visionen im Stil 'Jobs' zu entwickeln, wird sich weisen. Spätestens dann, gibt sich Sasan Abdi überzeugt, "wenn Apple sich anschickt, über 'Apple TV' das Fernsehgeschäft an sich zu reißen".

Ute Rossbacher

 

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