Quelle: ZAMG

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FrechDAX - die Wirtschaftskolumne

Der FrechDAX

Fußball-WM in Brasilien wegen sozialer Unruhen abgebrochen?

30.03.2014
Kaum noch Wirtschaftswachstum, ein vor der Staatspleite stehender Nachbarstaat, Wahlen im Herbst, steigende soziale Unzufriedenheit und viel mediale Aufmerksamkeit - ein explosives Gemisch.

Erst vor wenigen Wochen stufte die US-Ratingagentur Standard & Poor's die Kreditwürdigkeit Brasiliens um eine weitere Note auf BBB- herab. Damit sieht S&P das lateinamerikanische Land nur noch knapp über Ramschniveau und rät damit von Investitionen indirekt ab. Begründet wird die Abstufung mit nur noch sehr schwachem Wirtschaftswachstum bei gleichzeitig unkalkulierbaren Ausgabenrisiken des Staates.

Noch vor wenigen Monaten wurden Brasilien als Teil der BRIC-Staaten als großer Hoffnungsmarkt und neuer Wachstumsmotor der Weltwirtschaft von Analysten bezeichnet. Davon kann keine Rede mehr sein, viel mehr steuert das Land auf soziale Unruhen zu. Denn in den vergangenen Jahren wurden dringend notwendige Reformen verschleppt und in die total veraltete Infrastruktur des Landes nichts investiert. Nur Rohstoffe zu exportieren, aber keine Industrie aufzubauen, ist in einer globalisierten Wirtschaft langfristig zu wenig. Und nur die Sozialabgaben deutlich zu erhöhen, aber nichts in das marode Gesundheits- und Bildungssystem zu investieren, kann langfristig nicht funktionieren. Denn wenig überraschend floss das Geld aus den üppig erhöhten Sozialausgaben durch die stark gewachsene Mittelschicht direkt in den Konsum und war damit sofort weg. Genau diese Mittelschicht protestiert seit Monaten, weil sie gerne noch mehr milde Gaben des Staates hätte und sich nun nicht mehr damit abfinden möchte, dass es in vielen Schulen nicht einmal Sessel oder Schultafeln gibt und das Gesundheitssystem des Landes inferior ist.

Wie relevant.at vor wenigen Wochen berichtet hat, steht nun auch noch das Nachbarland Argentinien vor einer Staatspleite. Die Lust an Investitionen in Südamerika ist bei vielen Investoren in den vergangenen Monaten deshalb wenig überraschend stark abgekühlt. Aber ohne diese internationalen Investitionen wird Brasilien nicht einmal seine hohen Sozialausgaben weiter bezahlen können, geschweige denn die notwenigen Investitionen in Infrastruktur, Bildung und Gesundheit vornehmen können.

Die schwache Dilma Rousseff

Dilma Rousseff, der sozialistischen Präsidentin des Landes, werden Reformen und Investitionen ohnehin nicht zugetraut. Sie neigt, wie schon ihr Vorgänger Lula da Silva, zu populistischen Geschenken an das Wahlvolk. Doch sie muss sich im Herbst der Wiederwahl stellen, was zusätzlich politischen Sprengstoff birgt und auch die Oppositionsparteien auf den Plan ruft, die zusätzlich Öl ins Feuer gießen werden.

Es wird keine WM geben

Und dann findet im Juni und Juli dieses Jahres ja auch noch die Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien statt. Bereits beim Confed-Cup im vergangenen Jahr hatten tausende sozial unzufriedene Brasilianer die mediale Aufmerksamkeit genutzt und Großdemonstrationen veranstaltet. Die soziale Unzufriedenheit ist in den vergangenen Monaten aber noch gestiegen. Dass die diversen NGOs, die hinter den Unruhen standen, die Zeit und genutzt haben, sich darauf vorzubereiten, dass Brasilien in 70 Tagen im Blickpunkt der Weltöffentlichkeit stehen wird, darf angenommen werden. So hat der sogenannte schwarze Block bereits sein Ziel für die WM formuliert: „Não Vai Ter Copa“ – übersetzt: „Es wird keine WM geben“. Wenn dann auch noch die brasilianische Nationalmannschaft bei der WM nicht gut abschneiden sollte - alle Brasilianer rechnen fix mit dem Weltmeistertitel der „Seleção“, dann könnte sich das Pulverfass explosionsartig entladen.

Der Autor dieser Zeilen plant sich eines der beiden Semifinale der WM in Sao Paulo anzusehen und dazu nach Brasilien zu reisen. Ob ich die Reise tatsächlich angetreten habe und wirklich ein WM-Semifinale sehen konnte, werde ich an dieser Stelle selbstverständlich berichten.

  Der Autor: Werner Becher ist erfolgreicher Unternehmer und Manager, hat als Ex-Bundesparteivorsitzender des Liberalen Forum (LIF) Einblick in die politischen Zusammenhänge. Als bekennender Neoliberaler wirft er in seinem Buch "Weicheier machen nicht satt – Eine Abrechnung mit Feiglingen, Mitläufern und Ja-Sagern" (Goldegg) einen kritischen Blick auf die Zustände in der Welt und zeigt offen sowie schonungslos auf, welche wirtschaftlichen Abgründe uns dadurch erwarten.

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