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Dr. Erdal Cetin

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Thema Chirurgie: Wussten Sie, dass..?

10.12.2014 - 17:27
Lange waren chirurgische Eingriffe russisches Roulette, noch dazu ohne Schmerzmittel. Und das, obwohl schon im alten Ägypten (kosmetisch!) operiert wurde.

Ihren Ursprung hat die Chirurgie in der Steinzeit, darüber sind sich Forscher einig, auch wenn die Details, wie Körper manipuliert wurden, noch sehr im Dunkeln liegen. Etwas mehr ist über die Antike bekannt, in der Metallwerkzeuge zum Einsatz kamen. Im Mittelalter wurden schließlich in Klöstern erste Krankenhäuser errichtet, in denen Ärzte Operationen durchführten. Als Instrumente wurden Knochensägen und scharfe Klingen verwendet.

Dennoch: Obwohl die Wurzeln der Chirurgie so weit zurück reichen, war bis zum 19. Jahrhundert die Wahrscheinlichkeit durch das Skalpell des Arztes zu sterben größer, als die Chance bei einer frühen Operation gerettet zu werden.

 

Hygiene und Narkose als Meilensteine

Eine der wichtigsten Errungenschaften in der Geschichte der Chirurgie war die Erkenntnis, welchen hohen Stellenwert Hygiene für die erfolgreiche Durchführung einer Operation hat. Im Mittelalter war es noch üblich, Operationen im Haus des Patienten oder an einem anderen Ort durchzuführen, der nicht den für eine Operation notwendigen hygienischen Bestimmungen entsprach. Auch auf die Sauberkeit der verwendeten Instrumente und der Hände des "Chirurgen" wurde nicht geachtet.

Erst zu Anfang des 19. Jahrhunderts etablierte sich die Praxis, Instrumente und Hände vor einem Eingriff zu reinigen, indem man diese sterilisierte und desinfizierte. Als Hygienebestimmungen Einzug in die Operationssäle hielten, sank die Zahl der Todesfälle rapide. Zu dieser Zeit entstanden auch die ersten richtigen Operationssäle an den Universitäten.

 Ein weiterer Meilenstein in der Geschichte der Chirurgie war die Erfindung der Narkose zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Heute kaum vorstellbar: Bis zu diesem Zeitpunkt wurden Operationen ohne Betäubung des Patienten durchgeführt. Da die Prozedur davor extrem schmerzhaft war, wurden Operationen nur im äußersten Notfall durchgeführt.

Die Schmerzen konnten nicht mit Schmerzmitteln gestillt, der Blutverlust durch keine Transfusionen ersetzt und Infektionen mit keinen Antibiotika behandelt werden. Deswegen endeten viele Operationen während oder nach dem Eingriff tödlich.

 

 Entwicklungsschritte zur modernen Chirurgie

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde zum ersten Mal Morphin aus Opium gewonnen, das als Medikament eine schmerzstillende Wirkung hatte. In der Mitte des 19. Jahrhunderts gelang es, ein Narkosemittel mit einem Schlauch in die Luftröhre einzuführen. In der Mitte des 20. Jahrhunderts wurde die Verwendung des indianischen Pfeilgifts "Curare" entwickelt, das dazu führte, dass die Muskeln während einer Operation erschlafften.

Ebenfalls in der Mitte des 20. Jahrhunderts – im Jahr 1969 – gelang Rudolf Zenker (1903-1984) an der Münchner Chirurgischen Universitätsklinik eine Revolution für die deutsche Chirurgie: Er führte die erste erfolgreiche Herztransplantation durch.

Durch die rückenmarksnahe Periduralanästhesie (PDA) – welche ebenfalls in diesem Jahrhundert entwickelt wurde – konnten gezielt Nervenbahnen ausgeschaltet werden, während die Patienten bei Bewusstsein waren. Erst in den 1990er Jahren wurde die heute nicht mehr wegzudenkende minimal-invasive Chirurgie eingeführt: Diese Methode ermöglicht, Operationen mit Hilfe von Endoskopen durchzuführen. Dabei bedient der Chirurg die Instrumente nur mehr indirekt und verfolgt den Operationshergang über den Bildschirm.

 

Plastische Chirurgie

Neben den klassischen der Chirurgie, die Leben rettet – wie etwa die Gefäßchirurgie, die Herzchirurgie oder die Unfallchirurgie – gibt es ein Teilgebiet in der Chirurgie, dessen Hauptziel es ist, die äußere Körperform wiederherzustellen bzw. zu verändern: die plastisch ästhetische Chirurgie.

"Betrachtet man den Boom rund um die Schönheitschirurgie, könnte man schnell den Schluss ziehen, dass diese ein neuartiges Phänomen sei. Die Ursprünge der Schönheitschirurgie reichen jedoch bis ganz zu den Anfängen der Chirurgie zurück", erklärt Dr. Peter Neumann, Facharzt für Ästhetische und Plastische Chirurgie der Münchner Klinik aesthetic and soul. Schon in früheren Kulturen hatten die Menschen ein Bedürfnis nach ewiger Jugend und Schönheit. Bei Ausgrabungen fand man in Ägypten Mumien, denen zu Lebzeiten (ca. 1.350 v. Chr.) Ohren nach Unfällen wieder angenäht wurden. In Indien wurde ca. 1.200 v. Chr. eine Methode zur Rekonstruktion von amputierten Nasen aus Stirnhaut entwickelt. Und auch in der Renaissance fanden wiederherstellende Techniken Anwendung.

 Die Fortschritte in der Anästhesie, stetige Weiterentwicklungen der Operationstechniken und die weitere Erforschung der Anatomie des Menschen waren ausschlaggebend dafür, dass immer mehr Eingriffe auf plastischer Ebene möglich wurden. Bahnbrechende Entdeckungen im 19. Jahrhundert – wie etwa Transplantationen, Nasenplastik und Techniken zur Verkleinerung der Brüste – legten den Grundstein für die heutige Plastische Chirurgie, die bereits im Laufe des 19. Jahrhunderts ihren Siegeszug startete.

"Früher war es eher ein Privileg wohlhabender Menschen, heute hat die plastische Chirurgie nahezu alle Gesellschaftsschichten erreicht. Der Wunsch, sein Äußeres durch ästhetische Operationen zu verändern, ist kein Tabu mehr und wird offen ausgesprochen", so Neumann.

 

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red/ag

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