Bella Block ermittelt wieder "Zwischen Tag und Nacht". Doris Gerckes neuer Krimi spielt im Hamburger Szeneviertel Großneumarkt, wo sich Einwohner, Polizei, Verfassungsschutz, Prostituierte und Obdachlose ein Katz-und Maus-Spiel mit tödlichen Folgen liefern.
Endlich ist sie wieder da: die etwas brummige, eigenwillige, trinkfeste und schlaue Ex-Polizistin Bella Block. Etwas ziellos war sie in den letzten Wochen durch die Lande gezogen, um ihren Ruhestand zu genießen. Was ihr nicht unbedingt gelang. Frustriert und vorzeitig bricht sie ihren Aufenthalt in Tschechien ab und kehrt nach Hamburg zurück. Dort wird sie von ihrem früheren Kollegen Brunner in einen Fall hineingezogen, der auch die Geheimdienste beschäftigt.
In Doris Gerckes Roman "Zwischen Tag und Nacht" geht es zunächst um den Soldaten Rehberg, der sich voller Überdruss und Ekel von der türkisch-griechischen Grenze nach Deutschland zurückversetzen lässt. Doch statt sich bei seiner neuen Dienststelle zu melden, lässt er sich von der alten Samantha als Chauffeur engagieren und verschwindet nach wenigen Tagen auf Nimmerwiedersehen. Das gesamte Gängeviertel Großneumarkt macht sich auf die Suche nach ihm, wobei sich der Fokus allmählich in eine ganz andere Richtung verlagert.
Gercke würde nicht Bella Block ins Spiel bringen, wenn es dabei nicht auch um Mord und brutale Gewalt ginge. Gemeinsam mit Brunner kommt sie dabei einer aberwitzigen Verschwörung auf die Spur, die die aktuelle Diskussion um die Arbeit des Verfassungsschutzes in schön ironischer Art und Weise aufgreift und diese in bester Absicht karikiert. Zielsicher nimmt die Autorin die Konkurrenz zwischen innerdeutschem und Auslandsgeheimdienst ins Visier und führt so manchen überflüssigen, kostspieligen Einsatz ad absurdum. Was - wie auch in diesem Roman - fatale Folgen haben kann wie den Tod Unschuldiger.
Ihre kritische Sicht weitet die gebürtige Greifswalderin und Wahlhamburgerin Gercke auch auf städtische Ämter und Behörden aus und prangert die unsinnige, aber scheinbar unaufhaltsame Hypermodernisierung alter Viertel an, die dadurch ihren Charakter zu verlieren drohen. Was das Buch aber besonders liebenswert macht, ist der unverschleierte Blick auf die Menschen, die hier (noch) leben, die - ob Obdachloser, Arzt, Rentnerin oder Hure - einander kennen und füreinander da sind.
Und genau das bügelt ein kleines Defizit bei Bella Block aus. Denn obwohl sie ganz die Alte zu sein scheint, die Alkohol, Männer und andere Herausforderungen liebt, kommt ihr Spürsinn dieses Mal nur ansatzweise zum Vorschein. Aber da Gercke sie in Hamburg nun ein Häuschen bauen lässt, heißt das nichts anderes als: Bella Block bleibt - und tritt garantiert auch als grantige Ermittlerin bald wieder auf. Denn einen wirklichen Ruhestand für die seit fast einem Vierteljahrhundert ermittelnde Block - in vielen Filmen kongenial von Hannelore Hoger dargestellt - kann es nicht geben.
INFO: Doris Gercke: "Zwischen Tag und Nacht", Hoffmann und Campe Verlag 2012, 302 Seiten, 20,60 Euro, ISBN 978-3-455-40424-1.
(APA/dpa)