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In ihrem Haus

28.11.2012 - 05:00
Schüler Claude mit der Mutter eines Mitschülers© APA (Filmladen)Schüler Claude mit der Mutter eines Mitschülers

Der Blick durchs Schlüsselloch der Anderen - für die Menschen schon immer faszinierend. François Ozon hat daraus einen Film gemacht. In seinem neuen Psychothriller "In ihrem Haus" spioniert ein Schüler das Familienleben eines Klassenkameraden aus und bald ist Realität und Fiktion kaum mehr auseinanderzuhalten.

Der Schüler Claude ist anfangs nur neugierig. Sein eigenes Leben mit einem pflegebedürftigen Vater ist ärmlich. Mit einer Mischung aus Neid und Sehnsucht malt er sich aus, wie die Artoles in ihrem schönen Haus leben, gemütlich beim Abendessen sitzen und zusammen Basketball spielen. Als deren Sohn Rapha einen Nachhilfelehrer sucht, ergreift Claude seine Chance und bietet an, ihm zu helfen. Allmählich wird er zu Raphas bestem Freund und taucht in die Welt der Familie ein. Mehr noch. Er spielt, selbst der Sohn in dieser Idylle zu sein. Besonders fasziniert ist er von Raphas Mutter (Emmanuelle Seigner), mit der er sich eine leidenschaftliche Affäre erträumt.

Claude beginnt einen Roman über das Familienleben seines Klassenkameraden zu schreiben. Unterstützt wird er dabei von seinem Lehrer Germain. Was Claude zu Papier bringt, ist ebenso fesselnd wie verstörend. Skrupellos gewährt er intime Einblicke in das Leben der ahnungslosen Artoles. Germain fühlt sich zunehmend unwohl in der Rolle des lesenden Voyeurs und sucht Rat bei seiner Frau Jeanne (Kristin Scott Thomas). Ein gefährliches Spiel mit dunklen Sehnsüchten und verbotenen Begierden beginnt. Als Claude ein passendes Ende für seinen Roman finden möchte, nimmt das Drama seinen Lauf.

Ozon versteht es meisterhaft, die Grenzen zwischen Wirklichkeit und Einbildung zu verwischen. "In ihrem Haus" ist ein packendes Psychodrama mit verstörender Spannung und gleichzeitig eine treffende Charakterstudie. Der französische Regisseur ("Das Schmuckstück", "8 Frauen") offenbart die Sehnsucht der Menschen nach dem Blick durchs Schlüsselloch und legt die Verletzlichkeit ihrer Beziehungen offen.

"Mich hat interessiert, dass der Voyeur nicht nur passiv bleibt, sondern selber auch aktiv wird, weil er das andere Leben führen will", sagte Ozon der Nachrichtenagentur dpa. "Traum und Realität zusammen entlarven die Wahrheit der Dinge mehr, als die Realität alleine", findet der Regisseur. "Es gibt natürlich eine Gefahr, wenn man Realität und Fiktion vermischt, und man kann sich auch die Flügel verbrennen."

(APA/dpa)

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