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Verlage laufen Amok: nächster Coup von Amazon

29.09.2014 - 16:56
Mit extrem billigen E-Books und einer Flatrate sorgt Amazon für neue Aufregung. Traditionelle Verlage und viele Autoren laufen dagegen Sturm, während sich andere längst dem Weltmarkt anpassen.
APA (Archiv/dpa© APA (Archiv/dpa)APA (Archiv/dpa

Laut einem Bericht der „Wirtschaftswoche“ plant Amazon auch in Europa eine Flatrate für elektronische Bücher einzuführen. Bei der am 8. Oktober beginnenden Frankfurter Buchmesse wird der US-amerikanische Konzern sein neuestes Projekt „Kindle Unlimited“ für den deutschsprachigen Raum vorstellen. Auf Basis einer Flatrate sollen Leseratten künftig auch in unseren Breiten beliebig viele Bücher downloaden und lesen können. Das Preismodell für Europa ist zwar noch nicht bekannt, dürfte sich aber an jenem der USA mit 9,99 Dollar pro Monat orientieren.

Verlage und Autoren in Europa laufen gegen diese Pläne sturm, denn sie befürchten eine weitere Reduktion ihrer Einnahmen. Mit einem Marktanteil bei E-Books von 40 Prozent hat Amazon jetzt schon eine dominierende Stellung inne.

Wirft man einen Blick auf die Kindle-Charts, so sind diese Befürchtungen nicht unbegründet. In den Beststeller-Listen führen E-Books zu Preisen im Cent-Bereich bis maximal einige wenige Euro. In Konkurrenz dazu versuchen traditionelle Verlage E-Books zu Preisen zu verkaufen, die nicht viel günstiger als klassische Bücher in Papierform sind.

Zusätzlich macht den Verlagen noch „Kindle Direct Publishing“ Konkurrenz – dort können Autoren direkt ohne Umweg eines Verlages Bücher herausbringen. Daraus ist ein vollkommen neuer Markt an billigen Büchern zum Preis von wenigen Cent entstanden, der auch neue Stars unter den Autoren in der E-Book-Community geschaffen hat.

Viele Jahre war der Buchhandel ein geschützter Bereich, mit einer gesetzlichen Buchpreisbindung, die an kommunistische Planwirtschaft erinnert. Entsprechend ist vielen Verlagen und Autoren marktwirtschaftliches Treiben ein Graus und sind sie sie nach jahrzehntelanger Verhätschelung durch den Gesetzgeber schlechtest denkbar auf das 21. Jahrhundert vorbereitet.

Doch auch im Buchhandel und in den Verlagen hat sich die Zeit nicht anhalten lassen und bestimmen zunehmend Angebot und Nachfrage den Preis. Für Leser hat das den großen Vorteil, Bücher zu deutlich günstigeren Preisen zu bekommen. In der Praxis führt das wenig überraschend dazu, dass E-Book-Leser viel mehr lesen, als Durchschnittsbürger.

In Österreich war das Lobbying der Verlage offenbar effizienter als in Deutschland. Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) hat erst vor wenigen Wochen angekündigt, die Buchpreisbindung auf den Onlinehandel und auf E-Books ausweiten zu wollen. Ein Initiativantrag auf Novelle des Buchpreisbindungsgesetzes soll demnach in der Alpenrepublik den geschützten Bereich prolongieren.

Unklar ist, wie mündige Konsumenten in Österreich dazu gezwungen werden sollen, viel teurere E-Books bei österreichischen Verlagen zu kaufen anstatt im Internet und damit bekanntlich nur einen Click entfernt bei einem internationalen Anbieter um einen Bruchteil, nämlich zu Weltmarktpreisen, ihrem Lesevergnügen zu frönen.

(relevant Redaktion)

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